Mainzer Ingrossaturbücher Band 54

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StA Wü, MIB 54 fol. 116 (116-128)

Datierung: 21. April 1534

Quelle

Aussteller:

Archiv: Würzburg StaatsA

Weitere Überlieferung:

Quellenbeschreibung:

Teil 1 (fol. 116-128) von MIB 54 fol. 116-138

Inhalt

Kopfregest:

Untergerichtsordnung für das Erzstift Mainz

Teil 1 von 2 Teilen

Vollregest:

Wir Albrecht, von Gottes Gnaden, der heiligen römischen Kirche Kardinalpriester zu San Pietro in Vinculi, geborener Legat, des heiligen Stuhls zu Mainz und des Stifts Magdeburg Erzbischof, Kurfürst, des heiligen römischen Reiches durch Germanien Erzkanzler und Primas, Administrator zu Halberstadt, Markgraf zu Brandenburg, zu Stettin, Pommern, der Kassuben und Wenden Herzog, Burggraf zu Nürnberg und Fürst zu Rügen, teilen den würdigen, hochgelehrten und ehrsamen unserem Kämmerer, unseren Schultheißen und Richtern unseres weltlichen Gerichts in unserer Stadt Mainz, auch den anderen unseren Zentgrafen, Schultheißen und Schöffen sämtlicher Untergerichte und sonst sämtlichen unserer und unseres Stiftes Mainz geistlichen und weltlichen Untertanen, welchen Standes oder Wesens sie sind, auch allen anderen, die sich der genannten Untergerichte derzeit bedienen, hiermit mit: Da wir aus täglicher Erfahrung befunden haben, dass an vielen unseren Untergerichten zurzeit in rechtlichen Sachen durch die Richter und Parteien kein ordentlicher Prozess gehalten wird, sondern mehrfach nichtig vorgegangen und gehandelt wird, woraus folgt, dass, wenn die Parteien durch Appellation vor uns oder unser Hofgericht gelangen, sie in beschwerliche Kosten und Schaden geführt werden, zudem, dass ihnen auch aus Nichtigkeit des Prozesses und der Handlung an der Erörterung ihrer Sachen nicht geringer Verzug entstanden ist, welchem wir zu begegnen und unsern Untertanen in solchem eine gute Ordnung zu geben uns schuldig bekennen, auch für uns gnädig geneigt sind, damit jeder gegen den anderen austräglich Recht erlangt und dadurch umso mehr Einigkeit und guter Wille zwischen unseren Untertanen erhalten wird, auch Kosten, Schaden und Verlängerung der Sachen, die aus Nichtigkeit des Prozesses und der Handlung erfolgen, verhütet werden kann, haben wir demnach, mit zeitigem vorher eingeholtem Rat, [fol. 116v] guter Vorbetrachtung und rechtem Wissen in unserem Erzstift Mainz eine Untergerichtsordnung, wie und welcher Gestalt an sämtlichen Untergerichten künftig richtig gehandelt und vorgegangen werden soll, gesetzt, angeordnet und aufgerichtet, tun dies auch kraft dieser unserer Ordnung und Satzung in der allerbeständigsten und kräftigsten Form, wie wir das aus kurfürstlicher Macht und Obrigkeit, auch aufgrund unseres Erzstiftes Mainz hergebrachter Freiheit, Brauch, Übung, Gewohnheit und sonst von Rechts wegen tun müssen, können und wollen, in dem Maße, wie das hernach von Artikel zu Artikel einzeln steht.

Von den Gerichten und Gerichtspersonen.
Es müssen sämtliche Gerichte in unserem Erzstift Mainz mit frommen, sachkundigen (verstendigen), verheirateten (ehelichenn) und gut beleumundeten (vnuerleumbten) Personen, die volljährig (eins volkomen alters) sind, weder in Bann noch in Acht stehen, besetzt (gehalten) werden.

Desgleichen muss jedes Untergericht mit einem ehrbaren, frommen und sachkundigen Gerichtsschreiber und Büttel versehen werden, welche ihr Amt gemäß der nachfolgenden Eide gewissenhaft (getrewlich) ausrichten müssen.

Eid der Schöffen.
Ich, N., gelobe und schwöre zu Gott und den Heiligen, das Gericht meines gnädigsten Herrn [fol. 117] von Mainz ehrbar, fleißig und gewissenhaft zu besitzen, die kurfürstliche Obrigkeit, Herrlichkeit und Gerechtigkeit helfen zu handhaben und zu weisen, die Vorbringungen der Parteien und derjenigen, die damit zu tun haben, anzuhören oder zur Kenntnis zu nehmen (vernemen), rechtmäßig Urteil und Bescheid, nach meinem besten Verständnis zu sprechen, zu weisen oder helfen zu weisen, und das nicht zu unterlassen wegen Lieb oder Leid, Freundschaft, Feindschaft, Sippschaft, Verwandtschaft (magschafft), wegen Gunst, Gabe, Furcht, Geldes, Geldeswert oder wegen Dingen, deren Nutzen vergleichbar ist (das sich einichem nutz vergleichen magk), die Verschwiegenheit (heymlichkeit) und die Beweggründe (radtschleg) des Gerichts weder vor noch nach den Urteilen zu offenbaren und alles das zu tun und zu lassen, was einem frommen Schöffen und Urteiler gebührt, alles gewissenhaft und ohne Gefährde.

Eid des Gerichtschreibers.
Ich, N., gelobe und schwöre zu Gott und den Heiligen, dass ich alles, was gerichtlich verhandelt und mündlich oder schriftlich vorgetragen wird, äußerst gewissenhaft (fleissigsten vnnd getrewelichsten) aufschreiben und festhalten (verwarenn) werde, dass ich Briefe oder Gerichts-Acta ohne Befehl des Gerichts niemandem mitteilen oder eine Abschrift davon ausfertigen lasse, auch alle Verschwiegenheit des Gerichts und der Sachen niemandem offenbaren werde, den Parteien, die vor Gericht handeln, oder, wo zu ersehen ist, dass künftig der Streit (Jrrung) vor das Gericht kommen (erwachssen) könnte, in ihren Sachen weder raten, noch ihnen Beistand oder Förderung leisten werde. Ich werde das, was meinem Amt zusteht tun, mich auch mit dem Schreiberlohn gemäß der rechtlichen Erkenntnis und dem Ermessen begnügen lassen und deswegen niemand beschweren. Ich werde alles andere tun, was ein fleißiger, treuer Schreiber tun muss und ihm gebührt.

Eid der Büttel.
Ich, N., gelobe und schwöre, die Vorladung (furgebot) und was mir vom Gericht befohlen wird, gewissenhaft (fleissigk vnd getrewlich) zu verkünden und auszurichten. Wenn ich ich des Gerichts heimlichkeit vernehmen oder erfahren würde, werde ich das geheim halten, dem Gericht gewärtig sein und alles andere so tun, wie das einem Büttel zusteht.

Wo an unseren Untergerichten besondere Personen zu Fürsprechern oder Rednern (fursprechern vnd rednern) verordnet sind, müssen sich diese gemäß dem nachfolgenden Eid verhalten: [fol. 117v]

Eid der Fürsprecher.
Ich, N., schwöre, dass ich die Parteien und Sachen, die ich annehme oder die mir befohlen werden, mit gantzem vnd rechten trewen Willen (meynen) ihrer Notwendigkeit und Gerechtigkeit nach, mit bestem Fleiß und Verstand fördern, ihre Heimlichkeit und Behelfe, ihnen zum Nachteil niemandem offenbaren, vor Gericht Ehrbarkeit gebrauchen, Lästerung und Schmähung vermeiden, mit keiner Pateien bezüglich der Sachen oder sonst ungebührliche Bündnisses (pacta) oder Übereinkünfte (gedinge) eingehen, die Parteien, welchen ich gerichtlich diene oder dienen würde, über die übliche Belohnung nicht beschweren werde. Was mir durch die Schöffen oder das Gericht taxiert und zuerkannt wird, damit will ich mich begnügen lasssen und sonst alles tun, was sich für einen treuen und fleißigen Fürsprecher (Fursprechen, vorsprechenn) gehört und gebührt.

Wenn aber an unseren Untergerichten nicht verordnete Fürsprecher, die oben genannten Eid [nicht] geschworen haben, wären, sollen diese, wenn sie sich unterstehen, für die Parteien zu sprechen und das Fürsprecheramt zu übernehmen, sich gemäß dem Eid verhalten und diesem gewissenhaft nachkommen.

Von Gerichtsbüchern.
Damit aber stattlich und ausführlich (vnderschiedlich) gehandelt wird, wollen wir, dass an jedem unserer Untergerichte verschließbare Gerichtsbücher gemacht und verwahrt gehalten werden. In das eine Buch müssen die Gerichtsverhandlungen, Bei- und Endurteile, Appellationen, Apostelbegehren und -gewährungen, dazu, durch wen und an welchem Tag jedes gegeben, eingebracht und geschehen ist, in das andere Buch die Kontrakte, wie Übergaben, Käufe, Verkäufe, Einkindschaften und dergleichen, ebenso Testamente oder Erbsachen (erbungen), wie die jeweils vor Gericht geschehen, geschrieben werden.

Wie Vorgebot und Ladung erlaubt werden und geschehen sollen.
Weil ein jegliches Vorgebot (furgebot) und jegliche Ladung auf Befehl des Richters geschehen muss, ordnen wir an, dass jeder, der an unseren Untergerichten gegen einen anderen gerichtlich vorgehen will, die Gegenpartei (widertheil) auf Erlaubnis und Befehl unserer Kämmerer, Schultheißen, Zentgrafen oder dergleichen durch den Büttel furbieten vnd furheischen lassen muss. [fol. 118]

Das erste Vorgebot muss persönlich und vnder augenn, die anderen beiden zw haus vnnd hoff erfolgen.

Auf solches Vorgebot muss der Antworter an dem bestimmten Gerichtstag erscheinen, die Klage des Klägers anhören, darauf seine Antwort geben, oder weiteren Aufschub (schube), um sich zu bedenken, von dem Richter begehren, was ihm auch so, nach Gelegenheit der Sache, gegeben werden muss.

Würde er aber auf das erste Vorgebot nicht erscheinen, muss und soll der Kläger die Ungehorsamkeit des Antworters beklagen, das aufschreiben und dem antworten, ihn beim zweiten Mal vorbieten lassen, desgleichen beim dritten Mal per emptorie. Wenn der Antworter beim zweiten oder dritten Vorgebot erscheinen würde, muss er nicht angehört werden, er lege denn dem Kläger zuvor ab kosten seiner vngehorsam halber erlitten wo er anders dieselbenn nit redlichen entschuldigen mocht.

Würde der Antworter beim ersten, zweiten oder dritten Vorgebot erscheinen und der Kläger ausbleiben, kann der Antworter die Ungehorsamkeit des Klägers beklagen, und darauf begehren, ihn von den Vorgeboten mit Erstattung der Kosten ledig zu erkennen. Durch diese Erkenntnis und die Entrichtung des Schadens soll es dem Kläger unbenommen sein, seine Sache erneut rechtlich vorzunehmen, doch, dass er den Antworter deshalb erneut vorbieten lässt.

Es ist aber bisher gewöhnlich gewesen, die Vorheischung (furheyschungh) oder Ladung, durch den vierer oder Buttel on ersuchung des Richters zubeschehenn / oder sunst nit mehr / dan ein furgebott zuthun. Diesen Gewohnheiten wollen wir hiermit nichts abgebrochen und benommen haben, sondern das soll dann gleicherweise, als wären sie mit Erlaubnis oder mit drei Vorgeboten geschehen, wie das oben steht, verhandelt werden.

Wenn sich an unseren Untergerichten begebe, dass in Abwesenheit des Verklagten auf dessen Hab und Gut geklagt würde, sollen die Klagen auf Erlaubnis des Kämmerers, Schultheißen, Zentgrafen, wie das oben steht, geschehen, und demjenigen, auf dessen Gut geklagt wurde, mit dem Büttel, Gerichtsknecht oder Boten verkündet werden. Desgleichen, wenn [fol. 188v] ein Auswärtiger (frembder) mit rechtlichem kommer angestrengt zw recht gelobt wird, und dann ausbleiben würde, so sind die drei Vorgebote nicht notwendig, doch muss der Kämmerer am folgenden Gerichtstag nach der Bekümmerung seine Klage eröffnen und vorbringen.

Von Einbringung oder Übergebung der Klage.
An dem bestimmten Gerichtstag muss der Kläger seine Klage und Forderung mündlich oder schriftlich, klar und verständlich, vorbringen, mit Nennung des Richters, des Klägers und des Beklagten. Es muss auch die Geschichte, warum und aufgrund welcher Ursachen geklagt wird, geschicklich erzählen, und endlich seine Bitte vorbringen, was er vermeint, dass der Beklagte ihm auf seine Forderung zu geben oder zu tun schuldig sei.

Damit auch das Begehren des Klägers um so beständiger erfolgt, kann er diese oder dergleichen Worte anhängen:»und bitte, auch sonst hierauf zu erkennen und zu geschehen, was Recht ist, und mir zum Recht zu verhelfen, euer richterliches Amt hiermit anrufend.«;

Es muss auch die Klage, wenn sie schriftlich eingebracht wird, bei den Actis behalten und dort vermerkt werden, durch wen und an welchem Tag sie eingebracht wurde. Wenn die Klage aber mündlich erfolgt, muss der Gerichtsschreiber aus dem Mund des Klägers oder Redners die Klage, wie die vorgebracht wurde, gesondert aufschreiben. Desgleichen muss es auch mit der Antwort des Beklagten und allen anderen schriftlichen und mündlichen Vorbringungen beider Parteien gehalten werden.

Wie auf Ungehorsamkeit des Antworters fortgefahren und gehandelt werden soll.
Wenn der Antworter vor der Bestätigung des Rechtsstreites (beuestigung des kriegs) zu einem Termin ausbleiben und im Gericht nicht erscheinen würde, oder, er erscheint, und wollte nicht so antworten oder handeln, wie es sich im Gericht gebührt, und er deshalb als ungehorsam erkannt würde, kann der Kläger alsdann auf diese Ungehorsamkeit mit seiner eingebrachten Klage fortfahren, [fol. 119] seine Gerechtigkeit vorbringen, liquidieren und beweisen, durch den Richter in den Sachen abschließend sprechen und erkennen lassen. Wenn das Urteil gegen ihn erginge, muss er die Gerichtskosten nicht bezahlen, gemäß unserer Hofgerichtsordnung, durch kaiserliche Majestät konfimiert und bestätigt.

Wenn aber folgend die ungehorsame Partei danach einen oder mehrere Termine einhalten und vor Beschluss der Sache erscheinen würde, muss sie in dem Stand, wie sie die Handlung vorfindet, zugelassen und angehört werden, doch, dass sie zuvor dem gehorsamen Teil Kosten und Schaden, den diese wegen des Ungehorsams erlitten hat, nach Ermessen des Gerichts entrichtet, es wäre denn, dass sie ihren Ungehorsam aus begründeten und rechtmäßigen Ursachen entschuldigen könnte, dazu soll sie, in dem Maße, wie es Recht ist, zugelassen werden.

Es kann der Kläger, nachdem der Beklagte als ungehorsam erkannt wurde und der Rechtstreit noch nicht bestätigt worden ist, die Einsetzung durch die erste und zweite erkanthnus, ex primo et secundo decrete genannt, begehren, wie das nun folgt.

Nämlich, wenn die Klage auf ein liegendes Gut unter dem Gerichtszwang (gerichtszwangk) des Gerichts liegt, an dem die Sache anhängig ist, und der Antworter vor der Bestätigung des Rechtsstreites als ungehorsam erkannt wäre, so kann der Kläger in und auf solchen Ungehorsam begehren, ihn in das angesprochene Gut aus erster erkanthnus ex primo decrete einzusetzen.

Aber in persönlichen Klagen, kann der Kläger, wenn der Antworter als ungehorsam erkannt ist, die gemein Jnsatzung in Güter des Antworters begehren, nach Maß und Größe seiner erklärten oder liquidierten Schuld, wie das die Gerichte vermögen.

Doch muss in diesen beiden Begehren dem Antworter zuvor verkündet werden, solche Jnsatzung zu beschehen zu sehen vnd horen, oder aber redliche Ursachen anzuzeigen, warum die jnsatzung nicht zuerkannt werden soll.

Wenn nun insatzung aus erster erkanthnus geschehen wäre, käme dann der Ungehorsame und entrichtet dem Kläger Kosten und Schaden und gäbe ihm die Versicherung, die Sachen, wie es Recht ist, auszuführen, so muss die zuerkannte insatzung abgetan und in der Hauptsache fortgefahren (volnfarn) werden.

Wo aber solches nicht geschieht, kann nach Verlauf eines jeden Jahrs, von der vorigen jnsatzung an zu rechnen, oder aus rechtmäßigen Ursachen und Erkenntnis des Gerichts auch vor Ausgang des Jahres, zu der jnsatzung aus dem zweiten Dekret [fol. 119v] geschritten werden, wie solches die Rechte zugeben und ausweisen.

Von Kaution, Bestand und Sicherheit.
Wenn der Kläger und Antworter vor Gericht erscheinen und der Beklagte vom Kläger begehrt, durch sich oder seinen Anwalt des rechtlichenn streits ausszuwarten, und, wenn er den Rechtstreit verliert (der sachenn vberwunden wurde), ist er verpflichtet, ihm alle Kosten und den Schaden zu entrichten, Kaution und Sicherheit (Caucion / bestandt vndt sicherheyt) zu leisten. Solches soll der Kläger mit Bürgen oder Gütern zu tun schuldig sein.

Wenn aber der Kläger mit seinem Eid beteuern würde, dass er trotz allem möglichen Bemühen diese Kaution und Bürgschaft nicht leisten könne, muss ihm zugelassen werden, mit seinem Eid Bestand und Sicherheit zu leisten.

Desgleichen muss auch der Antworter auf Begehr des Klägers, sich am Gericht zu stellen und die Sachen rechtlich ausszuwarten, Kaution und Sicherheit zu tun schuldig sein.

Wenn der Antworter sein Recht durch einen Anwalt vertreten will, soll dieser Anwalt auf Begehr des Klägers Caucion jndicatum solui schuldig sein, das ist, den Beklagten zu schirmen, Betrug zu meiden und dem erlangten Recht Genüge zu tun.

Wenn aber der Kläger oder Antworter unter dem Gerichtszwang des Gerichts, an dem die Sache anhängig ist, mit liegenden Gütern ausreichend begütert ist, soll er nicht verpflichtet sein, die Kaution zu leisten.

Begebe es sich, dass der Kläger anfänglich seine Sache nicht durch sich selbst, sondern durch einen Anwalt vollführen wollte und wegen seiner Gewalt ob derselbig genugsam were zweifel zufiele, muss er Sicherheit und Kaution (bestandt vnnd Caucion) der geneme habnn leisten, das ist, dass sein Prinzipal oder Hauptsacher das, was durch ihn gehandelt würde, geneme haben soll und will.

Von Anwälten und Momparn.
Welcher seine Sache nicht persönlichen verhandeln oder vertreten könnte, oder wollte, der kann, er sei Kläger oder Antworter, einen oder mehrere Anwälte oder Mompare (Montpar) einsetzen und [fol. 120] dem- oder denselben ausreichende Vollmacht (gewalt) zustellen, mit Bestimmung der Sache und der Personen, auch anderer notwendiger Stücke, die zu einer rechtmäßigen Gewalt gehören, wie das die folgende Kurzform ausweist.

Kurzform einer Gewalt.
Ich, N., bekenne öffentlich mit diesem Brief und gebe jedem, dem dieser vorkommt, bekannt, dass sich vor N. zwischen mir als Kläger oder Beklagten einerseits, und N., Kläger oder Beklagtem andererseits, wegen Sachen N. Rechtfertigung erhalten hat, aber ich solche Rechtfertigung wegen anderer meiner Geschäfte und aus redlichen Ursachen persönlich nicht wahrnehmen oder ausführen kann. Deshalb habe ich in der allerbesten Form, wie es gemäß der Ordnung der Gerichte, auch nach Gewohnheit eines jeden und besonders des genannten Gerichts N. am meisten Kraft haben soll und kann, meine vollkommene Vollmacht (gewalt) gegeben und anbefohlen, auch als meinen rechten, bevollmächtigten Anwalt und Gewalthaber eingesetzt und verordnet, und tue dies kraft dieses Briefes, nämlich N. und N., zusammen und einzeln, solche Sachen und Rechtfertigung in meinem Namen und von meinetwegen zu handeln und auszuführen, Klage, Antwort, Gegenklage, Ein-, Gegen-, Nach- und weitere Reden zu führen, anzuhören und vorzubringen, den Rechtsstreit zu bestätigen (den kriegk beuestigen), die Gegenseite entsprechend anzuhalten, mich und meine Sache und Gerechtigkeit zum Besten zu vertreten und auszuführen, den Gefährdeeid (eidt fur geuerde), lateinisch Calumnie genannt, mit allen seinen Anhängen, auch jeden anderen geziemenden Eid, und was ihnen von meinetwegen im Gericht auferlegt würde, in meinem Namen, auch von der Gegenpartei zu begehren, zu schwören, Artikel und Satzstücke kraft einer Beweisung vor mittelstem eide zu übergeben und auf Artikel und Satzstücke der Gegenpartei bei dem Eid zu antworten, Kundschaft, Briefe, Zeugnis und alle anderen Notwendigkeiten des Rechtes beizulegen, Bei- und Endurteile zu begehren und anzuhören, dieselben anzunehmen oder davon zu appellieren, Apostel zu erbitten, die Appellation zu verkündigen, anzubringen und zu vollziehen, Kosten zu taxieren, zu begehren, die Taxe mit dem Eid zu bekräftigen (zubehalten) einen oder mehrere andere Unteranwälte (affter anwalde) einzusetzen, den oder dieselben zu widerrufen und die Gewalt wieder an sich zu nehmen, so oft ihnen dünkt, dass es notwendig ist, und alles andere zu handeln, zu tun und lassen, als ob ich persönlich handeln, es tun und es lassen würde. Wenn es auch solche Sachen wären, wozu sie eine besondere Gewalt haben müssten, und, wenn sie ferner einer Gewalt, wie umfassend die sein sollte, bedürften, will ich ihnen diese samt und sonders in der [fol. 120v] allerbesten Form, wie solches im Gericht und nach Gewohnheit geschehen kann, gegeben haben, als stünde es wörtlich hierdrin, alles zu Gewinn und Verlust. Was meine Anwälte und ihre Untergebenen samt und sonders von meinetwegen handeln, tun und lassen, das wil ich stehet / vnnd sie schadlos halten / vnd jrer anwaltschafft entheben, bei Verpfändung aller meiner Habe und meines Guts, liegend, fahrend, gegenwärtig und künftig, Gefährde und Arglist hierbei gänzlich ausgeschlossen. Dies zu beurkunden habe ich mein eigenes Siegel usw. oder mit Fleiß erbeten, N. und N. usw.

Diese Bevollmächtigung (gewalthabung) kann geschehen vor dem Gericht, an dem die Sache anhängig ist, oder vor dem Schultheißen, einem Schöffen und dem Gerichtsschreiber, oder vor zwei Schöffen oder Richtern, und dem Schreiber. Dann muss genau in die Akten geschrieben werden, wer, von wem, wann, in welchen Sachen, gegen wen und wie solche Gewalt gegeben worden ist.

Der Anwalt oder Mompar kann seine Gewalt durch ein offenes Instrument eines bekannten Notars, oder durch eine andere Schrift unter dem Siegel eines Gerichtsprälaten, Grafen, Herrn, Amtmanns, Edelmanns oder einer anderen namhaften und glaubwürdigen Person vorbringen, doch muss jeder Partei vorbehalten sein, gegen die vorgebrachte Gewalt seiner Gegenpartei sein notthurfft furzuwenden.

Wenn auch die Gewalt des Anwalts angefochten wird und als ungehorsam angesehen würde, kann er Sicherheit (bestandt) mit seinem Gelübde in die Hand des Schultheißen oder Richters leisten, ein volkomenen vnd gnugsamen gewalt vor weitterer handt / lang oder auff ein zeit / durch das gericht bestimpt jnzubringenn.

Der verwandten und versippten Personen, desgleichen auch dem Ehemann von wegen seiner Ehefrau, soll Gewalt, doch auf ausreichende Sicherheit (bestandt vnnd sicherheit) der Genehmiging (genemhabung) dessen, für den sie vermöge der Rechte handeln, zugelassen werden.

Erscheint auch jemand ohne Gewalt für den Antworter und leistet ausreichende Sicherheit, die Sache auszuführen (ausszuwarten), den Beklagten zu schirmen und dem erlangten Recht Genüge zu tun, der soll wan gesehenn mangel des gewalts gehort werdenn. [fol. 121]

Wir wollen auch, dass der Fürsprecher, wenn eine Partei Grund und Heimlichkeit erfahren hat, sich dafür, gegen dieselbe in dieser Sache zu dienen, nicht annehmen lässt.

Es sollen auch die Fürsprecher und Anwälte mit ihren Parteien wegen einem Teil der Sache oder wegen strittigen Guts, keinen Pakt machen oder eine Übereinkunft (geding) schließen, bei Strafe des Gerichts. Wenn das übertreten wird, sollen Pakt und Übereinkunft kraftlos und nicht bindend sein.

Von Exception und Auszügen, die die Hauptsache nicht abstellen und erstlich gegen den Richter und Gerichtszwang.
Wenn der Antworter auf dem bestimmten Rechtstag erscheint und vermeint, dem Gerichtszwang zu entfliehen, muss er seine Exception oder seinen Auszug, warum er an diesem Ort zum Rechtsaustrag nicht schuldig sei, mündlich oder schriftlich auff ein mall vnd samenthafft vor Bestätigung des Rechtstreites (beuestigung des kriegs) vorbringen. Wenn er aber eine vorbringt und in derselben unterliegen würde, soll ihm nicht zugelassen werden, die anderen anschließend vorzubringen.

Wenn eine Partei den Richter, den Schultheißen oder einen oder mehrere aus begründeten Ursachen für verdechtig hielt, soll er Macht haben, das vor Bestätigung des Rechtstreites vorzubringen. Wäre es Sache, dass sich eine verdechtigkeit nach Bestätigung des Rechtstreites von Neuem ergeben sollte, soll das der Partei vorbehalten sein vorzubringen.

Widerspruch gegen den Kläger.
Desgleichen, wenn der Kläger im geistlichen Bann, in kaiserlicher Acht oder in der Reichsacht wäre, kann der Antworter solches vorbringen und in acht Tagen beweisen. Wenn das geschieht, soll dieser Kläger gemäß der Ordnung des Gerichts nicht weiter im Gericht angehört werden.

Weil die Minderjährigen, Taubstummen, Toren (dhoren), geistig Beeinträchtigten (vnsinnigen) oder die, denen die Verwaltung ihrer Güter verboten ist, und andere dergleichen Personen im Gericht [fol. 121v] zu stehen nicht imstande (geschickt) sind, sodann die Gegenpartei solche Gebrechen auszugsweise gegen sie vorbringen und darlegen würde, dürfen sie nicht angehört werden, sie machen sich denn über Vormünder rechtsfähig (geschickt) oder sonst, wie die Rechte ausweisen.

Obwohl die Gegenpartei solche Rechtsunfähigkeit (vngeschicklicheit) nicht vorbringt, soll trotzdem unser Gericht, wenn ihm das bekannt ist, gebührend dafür sorgen, dass solche Personen mit Vormündern und Curatoren ad litem versehen werden.

Widerspruch eines vorherigen anhängenden Gerichts.
Wenn Parteien an einem Gericht miteinander verfasst wären, und der Kläger unangesehen dessen den Antworter mit derselben Sache an einem anderen Gericht vorladen würden, kann der Beklagte dasselbige widerspruchsweise vorbringen, und wenn er es vorbringt, oder das vom Kläger zugestanden würde, soll die Sache auf des Beklagten Begehr dahin verwiesen werden, es wäre denn Sache, das im Gericht gegründete Ursachen dargelegt würden, warum eine solche Remission nicht geschehen sollte.

Widerspruch gegen den Anwalt.
Es können gegen den Anwalt oder Mompar Widersprüche vorgebracht werden, wegen seiner Person, dass er nämlich im geistlichen Bann oder in kaiserlicher Acht steht, ein Minderjähriger ist oder sonst einer von den Personen, die im Gericht keine Procuratores sein können.

Es muss auch jeder Anwalt seine Vollmacht (gewalt) im Gericht niederlegen und der Gegenpartei auf ihr Begehr eine Abschrift davon angedeihen lassen, sein nothurfft dargegen haben furzubringen.

Widerspruch gegen die Klage.
Wenn die Klage nicht rechtskonform (vngeschickt), nicht formgerecht oder in ihren wesentlichen Stücken mangelhaft ist, kann der Antworter das widerspruchsweise dagegen vorbringen, und wenn es so befunden wird, muss die Klage verworfen werden, und der Antworter darauf zu handeln nicht schuldig sein, sondern auf sein Begehr vom Gerichtsverfahren (rechtstandt) ledig erklärt werden.

Wo auch die Klage öffentlich und augenscheinlich widersprüchlich (inept) und nicht rechtskonform (vngeschickt) wäre, und kein tauglicher gerichtlicher Prozess darauf abgestellt werden und folgen könnte, [fol. 122] müssen und können unsere Untergerichte qua Amtes, auch wenn die Partei deshalb nichts vorbringt, dieselbe verwerfen und nicht zulassen, doch muss es dem Kläger vorbehalten sein, die Sache danach mit einem förmlichen und rechtskonformen Klage wieder zu erneuern (anzuhebenn).

Widerspruch, der die Befestigung des Streites verhindert.
Wenn die Sache vormals gerichtlich erörtert und der Antworter ein erlangtes Recht hätte, oder, wenn die Sache vormals durch einen Vertrag hingelegt oder sonst ihre Beendigung (entschafft) erlangt hätte, ist der Antworter nicht schuldig, erneut darum zu rechten und auf eingebrachte Klage den Rechtsstreit zu bestätigen (den kriegk zu beuestigen), sondern in solchen Fällen soll auf Bitte des beklagten Teils erkannt werden, dass der Kläger in seiner Klage nicht angehört werden darf.

Solches soll stattfinden, wenn der Anworter gedachte Exception oder den Auszug zur Verhinderung der Bestätigung des Rechtsstreites (kriegks beuestigung) vorbringt, und dieselbigen alsbald oder in 14 Tagen beweist, wenn aber eine solche Exception eine weitere Erkundigung erfordert, soll sie die Bestätigung nicht aufhalten, sondern bis danach beibehalten werden.

Diese Exception und dieser Widerspruch, die Bestätigung des Rechtsstreites zu verhindern, haben wir den Einfältigen zur Unterrichtung anzeigen wollen, dadurch wollen wir den anderen, die das Recht gleichermaßen zulassen, hiermit nicht benommen haben.

Von Repliken und Dupliken.
Nachdem aber der Antworter seine Exception vortragen hat, kann der Kläger derselbigen Abschrift und um geziemende Zeit, sein Rechtsmittel (nothurft) dagegen vorzubringen, bitten, welche ihm auch durch das Gericht mitgeteilt und gegeben werden muss. Wenn dem Antworter notwendig sein würde, gegen des Klägers Nachrede zu duplizieren, dazu muss er auf sein Begehr mit Ansetzung eines geziemenden Termins und Aufschubs auch zugelassen werden, und jede Partei ihre Rechtsmittel (nothurfft), soweit es die angezeigte Exception belangt, mit Repliken, Dupliken, Tripliken und Quadrupliken und also mit Widersprüchen, Gegenrede, zweifach, dreifach und vierfach wieder Antwort vorbringen, und nicht darüber zugelassen werden, es wäre denn Sache, dass das Gericht aus ehrenhaften Ursachen solche zuerkennt.

Wo dann ein Teil etwas seiner erfolgten Vorbringung beweisen müsste und das begehrte, soll ihm das gestattet und Zeit nach Gestalt der Sache, die Beweisung zu leisten, angesetzt werden. [fol. 122v]

Dass in laufenden Verfahren keine Neuerung vorgenommen wird.
In laufenden Verfahren (hangendem rechtenn) darf weder durch die Richter noch die Parteien irgendeine Neuerung vorgenommen werden. Wenn dem zuwidergehandelt wird, und etwas gegen das Recht erneuert würde, soll dasselbige auf Anrufen und Beweisung desjenigen, gegen den die Neuerung geschehen ist, vor weiterer Handlung abgetan, revoziert und die Sache in das vorherige Wesen und den vorherigen Stand gestellt werden.

Von Gegenklagen.
Wenn nun die Auszüge des Antworters verhandelt (ausgeortert) wären, oder er keine gebracht hätte, demnach der Gerichtszwang des Gerichts bestätigt (gegrundt) und der Rechtsstreit bestätigt werden soll, will dann der Antworter gegen den Kläger seine Gegenklage vorbringen, muss er das vor oder bald nach der Bestätigung des Streites gemäß dem Recht tun.

Es sollen auch beide Sachen des Vor- und Nachrechtens gleichefuss miteinander gehen und verhandelt werden, alles nach Ordnung des Gerichts.

Wenn der Kläger oder sein Anwalt das Gegenrecht nicht annehmen wollte, soll er jm vorrechten auff sein Klag zw handlen auch nicht angehört werden, es wäre dann in Fällen, bei denen die Gegenklage im Gericht nicht stattfindet.

Von der Befestigung des Kriegs oder rechtlichen Streits.
Wenn der Antworter keinen Widerspruch oder keine Einrede hätte, die Bestätigung des Rechtsstreites zu verhindern oder einige Vorbringungen und nicht beibrächte, muss die Klage mit den oder dergleichen Worten zugelassen werden: »Wir lassen die Klage den Krieg darauf zu befestigen zu, vorbehalten ihrer Vngeschicklicheyt und soll alsbald der Beklagte den Krieg durch sein 'Ja' oder 'Nein', 'gestehe' oder 'gestehe nicht', auf die vorgebrachte Klage befestigen.«

Die Bestätigung des Rechtstreites (kriegs beuestigung) geschieht, wenn nach übergebener Klage der Antworter im Gericht erscheint und mündlich oder schriftlich anzeigt, dass er die Klage so, wie diese vorgebracht wurde, nicht zugesteht, und das mit dergleichen Worten bekräftigt: »Ich sage, dass das Vorbringen, in meiner Klage begriffen, wahr ist und nach Inhalt meines Begehrens geurteilt werden soll.« Der Antworter entgegnet sein 'Nein' durch diese oder ähnliche Worte: »Ich sage, dass die Vorbringung der übergebenen Klage nicht wahr oder der Wahrheit unangemessen ist«, dass auch der Bitte des Klägers nicht entsprochen werden soll.

Diese Bestätigung des Rechtsstreites, weil sie ein wesentliches Stück des rechtlichen Prozesses [fol. 123] und der Handlung ist, darf keineswegs unterlassen werden. Die Gerichte müssen, damit nicht nichtig gehandelt wird, daran sein, dass sie geschieht und aufgeschrieben wird, auch in der Hauptsache zur Beweisführung oder zu anderer ähnlichen Handlung nicht ohne vorhergehende kriegsbeuestigung geschritten wird, es wäre denn, dass der Antworter einen Widerspruch vorbringt und bewiesen hätte, welcher die Bestätigung des Rechtsstreites verhindert, oder, dass in Ungehorsamkeit des Beklagten fortgefahren würde, wie das oben angezeigt ist, oder, wenn eine Partei alte, schwache oder nicht anwesende Zeugen vorzuführen hätte. In diesen oder ähnlichen Fällen können die Zeugen auch vor der Bestätigung des Rechtsstreites vermöge des Rechtes vorgestellt, angenommen und verhört werden.

Von dem Eid vor Gefährde.
Nach der Bestätigung des Rechtsstreites, wenn beide Parteien, oder ihre Anwälte, oder einer von ihnen, den Eid vor Gefährde zu schwören begehrt, soll derselbe geschworen werden wie hernach folgt.

Der Kläger oder sein Anwalt, der die besondere Gewalt hat, muss also schwören: »Ich, N., schwöre zu Gott und den Heiligen, das ich glaube, in einer guten Sache zu klagen, auch keinen schädlichen Aufschub, keinen frevelhaften Auszug oder eine Beibringung begehre oder suche, und ich, so oft im Gericht gefragt wird, die Wahrheit nicht verhehlen will, dass ich in dieser Sache niemand anderem als demjenigen, wie das Recht es zulässt, etwas gegeben oder verheißen habe, oder in Zukunft geben will, damit ich das Urteil bewahren (behalten) kann, alles treu und ohne Gefährde.«

Der Antworter oder sein Anwalt, der dazu Gewalt hat, soll so schwören: »Ich, N., schwöre zu Gott und den Heiligen, dass ich glaube, eine gute Sache zu haben, mich gegen den Kläger zu schirmen, will auch keinen schädlichen Aufschub oder frevelhaften Widerspruch begehren oder vorbringen, und, so oft ich im Gericht gefragt werde, die Wahrheit nicht verhehlen, habe auch oder will niemandem als denjenigen, wie das Recht es zulässt, etwas geben oder verheißen, damit ich das Urteil bewahren (behalten) kann, alles treu und ohne Gefährde.«

Wenn die beiden Prinzipale oder Hauptsacher persönlich anwesend sind, müssen sie selbst und ihre Anwälte, ebenfalls diesen Eid, jeder in sein seell, schwören. Wenn aber beide Hauptsacher oder einer von ihnen nicht anwesend wäre, soll der Anwalt des Abwesenden den Eid in seine eigene und auch in die seell seines Prinzipals oder Hauptsachers schwören.

Wenn der Kläger diesen Eid, wenn man das von ihm verlangt, nicht schwören will, muss er seiner Sache verlustig gehen (werden).

Der Antworter aber, der diesen Eid, den der Kläger von ihm verlangt, verweigert, soll so angesehen werden, als ob er die Klage gestanden hätte. [fol. 123v]

Wenn aber keine Partei diesen Eid begehrt, kann er stillschweigend übergangen werden.

Das Gericht kann in jedem Teil des Rechtstsreites, wenn es etwas ferlicheyt beim Kläger oder Antworter bemerken würde, den Eid vor Gefährde dem Teil, der deswegen verdächtig wird, auferlegen, nach Ausweis des Rechts.

Von Satzstücken und Artikeln.
Wenn nun der Krieg befestigt ist und der Antworter die eingebrachte Klage nicht zugestanden hat, so kann der Kläger bitten, ihm zuzulassen, seine Klage zu beweisen, was ihm auch vergönnt werden muss, mit den oder dergleichen Worten: »Wir lassen die Klage, vorbehalten ihrer Ungeschicklichkeit, im Gericht zu beweisen zu.«

Der Kläger kann dann seine Klage artikulieren, wozu ihm geziemender Schub gegeben werden muss. Wenn aber die Klage artikelweise eingebracht wird, kann der Kläger diese artikulierte Klage an stat posicion / das ist satzstuck vnndt Artiekell wiederholen, und, wenn er will, vermittels seines Eides übergeben.

Wenn der Kläger seine Satzstücke und Artikel vermittels seines Eids zu übergeben zugelassen und das getan hat, so muss der Antworter auf des Klägers Begehren angehalten werden, auf jedes Satzstück und jeden Artikel, soweit es seine Geschicht berührt, durch das Wort: 'Wahr' oder 'nicht wahr', sofern es aber ein fremde Sache berührt (ein frembde geschicht jn sich helth) durch das Wort: 'Glaube' oder 'glaube nicht', vermittels seines Eids zu antworten, es wäre denn, dass es solche Artikel wären, auf die er im Gericht dermaßen zu antworten nicht schuldig ist.

Es soll auch beiden Parteien, Kläger und Antworter, in allen Enden der Rechtfertigung, wo einen Beweis angetreten werden muss, Satzstück und Artikel zu übergeben zugelassen werden, es sei vor der Bestätigung des Rechtstreites oder danach.

Es dürfen auch die Parteien ihre Satzstücke und Artikel vermittels des Eides einbringen oder Antwort darauf geben, persönlich oder durch ihren Anwalt, doch, dass der Anwalt dazu ausreichende Befugnis (genugsamen gewalt) und besondere Unterrichtung von seinem Prinzipal hat.

Wenn aber eine Partei oder ihr Anwalt, der Gewalt dazu hätte, auf übergebene Satzstücke und Artikel der Gegenpartei, nachdem ihm solches bei Strafe der Erkenntnis (bekanthnus) zu tun vom Gericht geboten wurde, nicht antworten oder nicht ausreichende Antwort geben wollte, so können diese Satzstücke auf Ansuchen der Partei, die diese vermittels des Eides übergeben hatte, als bekannt vorausgesetzt und erklärt werden, sie einzuhalten und zu beachten.

Vom Beibringungen und Beweisungen.
Wenn die Klagen und eingebrachten Artikel alle oder teilweise nicht gestanden [fol. 124] werden, muss dem Kläger auf sein Ansuchen, sofern die Klage fur geschickt und die Artikel als furtreglich angesehen werden, durch das Gericht zur Beweisung zugelassen werden.

Will dann der Kläger seine Beweisung durch Zeugen tun, muss er deren Namen im Beisein der Gegenpartei oder deren Anwalt anzeigen und es muss dem Antworter Schub gegeben werden, seine Fragstücke einzulegen.

Es kann auch der, gegen den die Zeugen geführt werden sollen, vor dem Verhör gegen die Person der Zeugen Einspruch erheben (excipiren oder protestiren) und bezeugen, gegen die Person, nachher oder vorher zu passender und rechtlichen Zeit Einspruch zu erheben und seine Gründe vorzutragen (zw excipiren vnnd seine notthurfft furtzuwendenn).

Die Zeugen müssen, wie es Recht ist, vorgeladen (furgeheischen) und der Gegenpartei angekündigt werden, die Zeugen zu sehen und anzuhören, wenn sie sich vorstellen, angenommen werden und vereidigt werden. Wenn die Gegenpartei ungehorsam ausbleiben würde, können die Zeugen trotzdem angenommen, vereidigt und verhört werden.

Wenn die Zeugen zugelassen und angenommen sind, müssen sie den nachgeschriebenen Eid schwören und darf das keinem erlassen werden, es wäre denn, dass beide Partein den Zeugen aus freiem Willen den Eid erlassen.

Der Eid der Zeugen.
Die Zeugen müssen einen Eid zu Gott und den Heiligen schwören, dass sie in der ganzen Sache zwischen N. und N. die ihnen bekannte Wahrheit aussagen werden, für beide Parteien, dies bei keiner zu Lieb oder Leid zu unterlassen, weder wegen Gabe, Schenkung, Nutzen, Hass, Freundschaft, Feindschaft, Furcht oder anderes, wie das Menschenherzen erdenken können, alles getreu und ohne Gefährde.

Wenn die Zeugen geschworen haben, muss jeder gesondert, in Abwesenheit der Parteien und anderer, durch das Gericht oder mindestens durch zwei Schöffen oder Richter und dem Gerichtsschreiber verhört, seine mündliche Aussage durch den Gerichtsschreiber fleissigklich vnd getrewlich aufgeschrieben und bei den Akten verwahrt werden.

Es sollen auch die Verhörer dem Zeugen, den sie sich vornehmen, die Klage oder die ihn betreffenden Artikel Artikel für Artikel verständlich, und einen nach dem anderen vorlesen und auf dieselben gesondert, soviel er davon weiß, aussagen lassen.

Wenn der, gegen den die Zeugen geführt werden, Fragstücke übergeben hätte, sofern dann dieselben zur Streitsache (handel) dienlich sind, sollen die Zeugen darauf auch verhört werden, zunächst auf die allgemeinen Fragstücke, danach auf jeden Artikel und besonders dabei übergebene Fragstücke.

Wenn keine Fragstücke übergeben wurden, so müssen die Zeugen doch auf allgemeine Fragstücke befragt und verhört werden, nämlich, dass jeder Zeuge nach sorgsamer Erneuerung seines geleisteten Eids und nach Warnung vor dem Meineid gefragt wird, wie alt er sei, ob er im geistlichen Bann stehe oder in kaiserlicher Acht, ob er dem führenden Teil mit Sippschaft, Schwagerschaft oder sonst [fol. 124v] verwandt sei und wie, ob ihm etwas verheißen oder gegeben worden sei, Kundschaft zu geben, und ob er einen Nutzen oder Schaden aus dem Sieg des führenden Teils zu erhoffen oder zu befürchten habe, ebenso, ob er einer Partei mehr zugeneigt sei als der anderen und welcher, und ob er von jemand unterrichtet wurde oder sich mit seinen Mitzeugen abgesprochen habe, wie er Kundschaft geben soll.

Danach, wenn zu den Artikeln geschritten wird, muss der Zeuge bei jedem Artikel, den er als wahr bezeichnet, bezüglich der Ursache seines Wissens, auch der Zeit, der Malstatt und anderer Umstände gesondert befragt werden.

Es muss auch jedem Zeugen nach seiner Anhörung seine Aussage, wenn er ihrer geständig ist, vorgelesen und ihm dann geboten werden, diese geheim zu halten bis nach der Eröffnung der Kundschaft.

Wenn auch jemand Zeugen zu führen hätte, die dem Gerichtszwang, dort, wo die Sache anhängig ist, nicht unterworfen sind, kann er dem Gericht diese anzeigen und begehren, ihm Bittbriefe an die Richter zuzuerkennen, unter denen die betreffenden Zeugen wohnen (gesessen seindt), um diesen bezüglich der eingebrachten Artikel zu verhören.

Dann muss das Gericht diese Bittbriefe anerkennen und dieselben samt den Artikeln und Fragstücken den Richtern der angesprochenen Zeugen verschlossen zuschicken, mit dem Begehr, wie nachfolgend die Form der Bittbriefe oder imploratorie es ausweist.

Form der Bittbriefe eines Gerichts an das andere, um Zeugen zu verhören.
Wir N. entbieten euch N. unseren freundlichen Gruß, willigen Dienst und alles Gute zuvor und geben hiermit zu wissen, dass sich vor uns eine gerichtliche Verhandlung erhalten hat, zwischen N., Kläger, einerseits, und N., Beklagter, andererseits, darin, soweit dies im Gericht verhandelt ist, dem Kläger zur Beweisung seiner vorgebrachten Klagen gegenwehr oder artickel zugelassen sind, welcher Beweisung er sich auch unterzogen und darauf N. und N. als Zeugen ernannt und angezeigt hat. Da diese Personen Eurem Gerichtszwang unterworfen sind, bitten wir, diese Kompassbriefe an Euch anzuerkennen. Da nun Kundschaft der Wahrheit niemand vorenthalten werden darf, auch jede Obrigkeit und jedes Gericht dem anderen bezüglich der Wahrheit zu Hilfe kommen muss, sind diese unsere Kompassbriefe im Gericht anerkannt. Es ergeht demnach an Euch unsere ernste Bitte, ihr möget zur Förderung des Rechts und zur Ergründung der Wahrheit die Zeugen, die Eurem Gerichtszwang unterworfen sind, bei Euch gerichtlich vernehmen (erfordern), auch der Gegenpartei zeitnah dazu verkündigen, ob sie dabei sein oder jemand schicken wolle, zu sehen und anzuhören die Zeugen furtzustellen mit glubt vnd eidt auffzunemen globen vnd schweren, auch Fragstücke, wen er will, zu übergeben und nachfolgend diesen vorgestellten Zeugen auf diese hier beiliegenden Artikel und Fragstücke, danach auf allgemeine Fragstücke zu befragen und bei jedem Artikel, der als wahr bezeichnet würde, bezüglich der Ursachen ihres Wissens gewissenhaft zu verhören [fol. 125] und zu befragen, der Zeugen Kundsage gewissenhaft aufschreiben lassen und diese mit der ganzen Verhandlung, wie sie vor Euch ergangen ist, uns verschlossen zu schicken, damit wir in unserem Gericht einen entsprechenden Spruch fassen können. Das wollen wir gleichweise bei anderem von Gerichts wegen jederzeit euch angedeihen lassen. Dies zu beurkunden usw.

Wäre es aber Sache, dass der Gegenpartei durch den Richter, der die Kompassbriefe erkennt, verkündet oder ein Tag angesetzt würde, vor dem Richter, an den die Kompassbriefe ausgehen, zu erscheinen, zu sehen und anzuhören, die Zeugen vorzustellen und Fragstücke zu übergeben, alsdann soll dasselbige den Kompassbriefen auch inseriert und einverleibt werden.

Es können auch die Gerichte zur Führung der Zeugen oder anderer Beweisung drei Vertagungen (dilation), gesamthaft oder einzeln, geben, ohne Erkenntnis einer Ursache und besonderer Solennität (solennitet), aber die vierte Vertagung (dilacion oder schub) darf ohne Erkenntnis der Ursache und Solenität (solennitet) nicht gegeben werden.

Wenn nun die Zeugen verhört sind, muss ihre Kundschaft, auf Begehr der Parteien eröffnet, denen Abschrift davon gegeben und Zeit angesetzt werden, gegen den sie geführt wurde, Rechtsmittel (notthurfft) dagegen vorzubringen.

Wenn aber der Kläger seine vermessene Klage oder der Antworter seine Gegenwehr, durch Instrument, Brief und Siegel oder andere Schriftsstücke verkündet, beibringen wollte, kann er das auch tun und muss dann der Gegenpartei auf deren Begehr Abschrift zuerkannt und Aufschub gegeben werden, ihre Rechtsmittel (nothurfft) dagegen vorzubringen.

Von Erkenntnissen.
Wenn der Beklagte vor sitzendem Gericht ein Schuld oder anderes, wozu er dem Kläger verpflichtet ist, anerkennen würde, soll es dafür gehalten werden, als ob solches mit Urteil gegen ihn erkannt worden wäre. Ihm ist dann geziemende Zeit und Aufschub zu geben, seiner Pflicht nachzukommen und gemäß der Erkenntnis dem Kläger das zu entrichten.

Wo einer etwas in das Gerichtsbuch eintragen lassen (erkennen) wollte, muss das vor mindestens zwei Schöffen oder Richtern sowie dem Gerichtsschreiber geschehen, mit Nennung der Ursache solcher Erkenntnis und den anderen Umständen. Sonst darf das nicht in das Gerichtsbuch eingetragen werden.

Die Erkenntnisse, die außerhalb des Gerichtes vor Notaren und Zeugen oder sonst vor ehrbaren Leuten mit Angabe der Ursachen, warumb ider auss was grzbdt/ vnd jn beysein der parteyenn oder gegentheyls solchs annemenndt beschehenn, sollen auch die Macht haben, eine ausreichende Beweisführung einzuführen, vermöge des Rechts. [fol. 125v]

Von Einwänden, die die Hauptsache ablehnen, genannt peremptorie.
Einwände (ausszug), die die Behauptung (vermess) des Klägers oder die Hauptsache ablehnen, dürfen erst nach Befestigung des Kriegs vorgebracht werden. Wenn der Antworter dieselben schon vor Befestigung des Krieges vorbringt, müssen sie doch bis danach zurückgehalten und diese alsdann auf Begehr des excipienten zur Beweisführung zugelassen werden.

Der Antworter muss auch solche Einwände auf einmal vorbringen, es wäre denn, dass sie sich erneut begeben hätten oder ihm erst später bekannt geworden wären und er das durch seinen Eid beweisen kann.

Wiewohl der Antworter seine Verteidigung und peremptorischen Einwände auch nachdem der Kläger seine Beweisführung getan hat und nach eröffneter und festgestellter Kundschaft vorbringen und beweisen kann, so soll er doch, wenn seine Artikel oder Verteidigung des Klägers Artikeln entgegen wären oder den Artikeln, darauf Zeugen geführt und eröffnet werden, gleichförmig wären, seine Zeugen führen und verhören lassen, ehe er dann die Aussage der vorgeführten Zeugen erfährt und dürfen danach keine weiteren Zeugen zu führen zugelassen werden, es wäre denn in Fällen, da das Recht es zulässt.

Wenn der Antworter auf seine Einwände und Verteidigung Zeugen führen wollte, muss es damit gehalten werden, wie oben unter der Überschrift von der Beweisführung angezeigt worden ist.

Von dem Eid, den der Richter zur Erfüllung der Beweisführung gestattet.
Es begibt sich gelegentlich, dass der Kläger seine Klage oder Behauptung (vermess), oder der Antworter seine Verteidigung nicht vollständig beibringt und nur eine halbe Beweisführung hat. Alsdann kann der Richter oder das Gericht dem, der solche halbe Beweisführung getan hätte, zur Erfüllung seiner Beweisführung den Eid zuerkennen, nach Ausweis des Rechts.

Dieser Eid darf keiner Partei gestattet werden, es sei denn, dass sie von dem, was sie zu schwören hätte, selbst wissen könne (das sie des / so sie zu schworenn hette selbst wissens habenn konnen).

Wenn auch die Gegenpartei rechtmäßige Ursachen darlegen würde, warum für das, für das sie Beweisführung getan hätte, der Eid nicht gestatten werden dürfte, das muss angehört werden und weiter gemäß dem Recht darüber erkannt werden.

Wenn aber eine Partei ihre Behauptung (vermess) vollständig oder auf einmal nicht beibrächte oder keine halbe Beweisführung hätte, soll dieser Partei der Eid nicht gestattet werden, es wäre denn ein Fall, bei dem das Recht das zuließe.

Vom Beschluss der Sachen.
Wenn nun die Parteien ihre notwendigen Rechtsmittel (notturfft) vorgebracht, ihre Beweisführung und anderes getan haben, sollen sie das, was sie in der Sache zumessen und erhoffen zu Recht beschließen. Wenn auch ein Teil alsdann etwas ohne redliche Ursache nicht beschließen wollte, soll das Gericht das mit der anderen Partei oder deren Anwalt aufgrund (auß) richterlichem Amt beschließen.

Wenn dann in der Sache beschlossen worden ist, sollen die Schöffen oder Richter die acta gewissenhaft und nach bestem Vermögen (verstandt) abwägen und darauf ein Urteil fassen. Wo aber die Rechtssache (handel) wichtig oder irrig ist und sie sich zu keinem Urteil entschließen könnten, sollen sie Rat einholen bei unverdachten und unparteiischen Rechtskundigen, und auf geziemende Kosten für die Parteien ein Urteil fassen lassen und dieses anschließend eröffnen. Es sollen auch Hoffahrt von einem Hof zum anderen (die hoffert von einem hoffe zum anderen), wodurch die Parteien bisher in spürbare Kosten geführt worden sind, hiermit abgestellt sein.

Von der Eröffnung der Urteile.
Wenn das Gericht sich zu einem Urteil entschlossen hat und der Rechtsstreit durch ein Endurteil entschieden wurde, soll das Urteil schriftlich verfasst und am sitzenden Gericht und an der üblichen Gerichtstätte öffentlich verlesen und mit Verzeichnung des Jahrs und des Tages [in das Gerichtsbuch] eingeschrieben werden.

Wenn aber Beiurteile oder andere schlechte Bescheide, die nicht die Kraft der Endurteile auf sich tragen, gefällt würden, können diese schriftlich oder mündlich durch den Schultheißen oder den ältesten Schöffen nach Herkommen des betreffenden Gerichts eröffnet werden. Doch müssen diese so, wie sie mündlich ergangen sind, im Gerichtsbuch, wie das oben steht, gewissenhaft aufgezeichnet werden.

Zu solcher Eröffnung der Bescheide und Urteile müssen die Parteien oder deren Anwälte, wenn sie solche bei dem Rechtsstreit (handel) hätten, besonders aufgefordert (gefordert vnd vertagt) werden. Wenn eine Partei ungehorsam erschiene oder ausbliebe, darf das Urteil trotzdem eröffnet und dem gehorsamen Teil mitgeteilt werden. Das Ausbleiben der ungehorsamen Partei muss beim Urteile vermerkt werden.

Wie die Kosten taxiert und ermessen werden sollen.
Wenn eine Partei zu den Kosten verurteilt ist, soll ihr durch den erhaltenden theyl einzeln, wem und wofür Geld ausgegeben worden ist, von Punkt zu Punkt angezeigt, durch das Gericht ermessen und darauf zuerkannt werden, etwa so: »N. schwört, dass er in dieser Sache N. Gulden usw. Gerichtskosten ausgegeben und erlitten hat, oder noch auszugeben schuldig ist. Das soll gehört werden und weiter darauf ergehen, wie es Recht sein wird.« [fol. 126v]

Wenn dann der Kläger (hauptsacher) oder sein Anwalt, der ausreichende Vollmacht hat, diesen Eid leistet, muss das Gericht die ermessenen Kosten eröffnen, mit den oder dergleichen Worten: »Das Gericht taxiert die Gerichtskosten, wie mit dem Eid erreicht wurde (erhalten ist).«

Wäre aber in der Sache nur gewöhnlicher Gerichtsschaden wie Schreiber- und Rednerlohn, Briefgeld, Vorgebot (furgebot) und dergleichen entstanden, welche offensichtlich aus der Handlung ersichtlich sind, können diese ohne den Eid taxiert werden.

Bei Sachen, bei denen Advokaten gebraucht werden, müssen, wenn diese im Rechtsstreit sich namhafftig vnderschreybenn, die Gerichte nach Größe der Sache, gemäß Fleiß und Geschicklichkeit der Advokaten und für die gehabte Mühe einen gebührenden Lohn taxieren und ermessen, den die Partei mit dem Eid beschwören soll. Würde aber der Advokat sich nit vnderschreybenn, ist die verlierende Partei nicht schuldig, etwas dafür zu geben.

Von Exekution oder Vollstreckung der Urteile.
Weil es vergeblich wäre, Urteile auszusprechen und diese mit gebührender Exekution nicht vollstreckt werden sollten, wollen wir deshalb, dass, wenn ein Urteil an unseren Untergerichten ergangen ist, davon nicht appelliert wurde oder, wenn appelliert wurde und dieser Appellation aus redlichen Ursachen nicht stattgegeben wurde oder, wenn ihr stattgeben wurde, und dann darauf verzichtet (rennuncirt) wurde oder sie sonst aufgehoben (desert) und verloschen wäre, muss der gewinnenden Partei auf ihren Antrag (anruffens) gebührende und schleunige Exekution und Vollstreckung der Urteile geschehen, wie dies nachfolgt

Zunächst, wenn Vollstreckung der Urteile begehrt würde, soll die Gegenpartei dazu zitiert und aufgefordert und ihr ein bestimmter Termin genannt werden, solche Vollstreckung geschehen zu lassen oder Ursachen vorzubringen, warum diese nicht geschehen darf.

Wenn alsdann am angesetzten Termin die verlierende Partei rechtmäßige Ursachen vorbringt, die die Exekution und Vollstreckung des Urteils verhindern, muss sie nach Ordnung des Gerichts deshalb angehört werden.

Wäre es Sache, dass gegen die Vollstreckung keine Ursachen vorgebracht werden oder solche vorgebracht werden, doch diese unerheblich oder unrechtmäßig sind und nur zur Verlängerung der Sachen vorgebracht werden, muss zur Vollstreckung der gesprochenen Urteile alsbald und unverzüglich prozediert und geschritten werden.

Wenn die Urteile jn accione realj, wenn etwa um ein Haus, einen Acker, einen Weingarten, eine Wiese, ein Pferd, einen Ochsen oder um ein anderes ähnliches Gut oder ein Ding geklagt würde, ergangen sind, so muss zuvor und ehe die Vollstreckung [fol. 127] geschieht, dem verlierenden Teil geboten werden, solches Gut und solche Dinge in bestimmter Zeit dem Kläger einzuräumen oder zuzustellen. Wenn das nicht geschieht, muss alsdann durch das Gericht die Vollstreckung wirklich geschehen, das Gut oder Ding von dem Beklagten unnachgiebig (mit der that) genommen und dem Kläger zugestellt werden.

Wo aber Exekution und Vollziehung jn accionibus personalibus, das ist in persönlichen Klagen, geschehen soll, wenn dann der Beklagte jn ein gewisse ding verurteilt wurde, so muss die Exekution in diesem Ding, sofern es vorhanden ist, geschehen.

Wenn der Beklagt nicht jn ein gewiss ding verurteilt ist oder nach Gestalt der Sachen die Vollstreckung in seinen anderen Gütern geschehen soll oder muss, alsdann muss zuerst die fahrende Habe angegriffen werden, wenn diese nicht ausreichen würde die liegenden Güter. Drittens muss man die Schuldner des Beklagten, wenn diese ihre Schuld eingestehen, pfänden, es wäre denn, dass es im Gericht in besonderen Fällen anders vorgesehen ist.

Es muss auch bei der Pfändung und Vollstreckung diese bescheydenheit gehalten werden, dass solche Güter, die dem Beklagten am wenigsten Schaden bringen und doch dem Kläger zum Vollzug des Urteils ausreichen, genommen werden. Wäre es Sache, dass jemand erschiene und die gepfändeten Güter als sein Eigengut beansprucht, zur Zeit der Pfändung oder danach, so müssen die verordneten Exekutoren und Vollstrecker die Sachen an die Gerichte weisen, damit diese nach Ordnung des Rechts entscheiden.

Wenn solche liegenden oder fahrenden Güter zur Exekution und Vollstreckung der Urteile genommen werden, müssen sie auf einen gesonderten Zettel geschrieben und für 6 Wochen an die Gerichtshäuser angeschlagen werden oder zw dreyen viertzehen tagen vor den Kirchen öffentlich ausgerufen und dem Beklagten dazu verkündet werden, zuzusehen, die genommenen Pfänder und Güter umzuschlagen und zu verkaufen.

Wenn dann solche Güter aufgeboten und die angesetzte Zeit verstrichen ist, müssen sie an einem öffentlichen Ort, dartzu bequemlich vnd sonderlich verordnete per licitationem verkauft werden, d. h., wer das Meiste dafür gibt, dem sollen sie durch die verordneten Exekutoren, Unterkäufer, Büttel oder Stadtknechte verkauft und zugeschlagen und hierbei keinerlei Gefährde gebraucht werden.

Es können auch die Gerichte nach Gelegenheit der Zeit, der Personen oder der Art und Gestalt des Rechtstreites (handels), die Zeit der Exekution mindern und eine kürzere ansetzen, besonders an Orten, da solches gewöhnlich und wohl hergebracht wäre.

Damit aber während (mitlererzeit) der Exekution die Güter nicht veräußert werden, muss die verurteilte Partei vor der Exekution und Vollstreckung geloben, nichts zu veräußern zum Nachteil dessen, der das Urteil erhalten hat und dem die Vollstreckung angedeihen soll.

Die oben genannten Personen, die zum Verkauf der Güter verordnet sind, müssen das höchste Gebot annehmen und den Käufer mit seinem richtigen Namen [fol. 127v] und Zunamen gewissenhaft aufschreiben und den Gerichten diesbezüglich eine ehrbare und gebührende Rechnung stellen.

Wir wollen auch, dass die oben genannten Executores, Unterkäufer, Büttel oder Stadtknechte, die die gepfändten Güter verkaufen, weder persönlich noch durch jemand anderen für sich selbst, weder heimlich noch öffentlich, von den betroffenen Gütern etwas kaufen oder zu ihren Händen bringen dürfen, alles bei ihren Eidespflichten und, um schwere Strafe zu vermeiden.

Wenn das, wie oben angezeigt, verkauft ist, soll der erhaltenden Partei von dem erlösten Geld mit Wissen der Gerichte für ihre Hauptforderung und erlangten Gerichtskosten Bezahlung geschehen. Wenn etwas übrigbleibt, soll das dem Beklagten oder Schuldner zugutekommen.

Desgleichen, wenn die verkauften Güter für die Hauptsumme und die Gerichtskosten nicht ausreichen, muss dem Gläubiger für den Rest (vbermas) weitere Exekution und Vollstreckung an anderen Gütern des Schuldners geschehen, wie es Recht ist.

Dem Gläubiger oder den Parteien, die die Urteile erhalten haben, soll es zugelassen sein, die Güter oder Pfänder im oben genanntem Maß wie ein Fremder zu kaufen (als einem frembden zukauffenn).

Wenn kein Käufer gefunden wird, können solche Güter dem Gläubiger für eine genannte Summe Geld oder einen Teil der Schuld, wie das die Gerichte erkennen, als Bezahlung gegeben werden. Wenn die Güter, die zur Bezahlung gegeben werden, die Hauptsumme oder ihren Wert nicht ertragen, muss ihm weitere Exekution auf anderen Gütern des Beklagten vorbehalten sein, wenn im Gegenteil ein Überzahlung (vbermass) befunden wird, soll die dem Beklagten herausgegeben werden.

Von Appellation, die nach Endurteilen erfolgen kann.
Wenn eine Partei sich durch ein gesprochenes Endurteil beschwert fühlt, und dagegen appellieren wollte, kann sie alsbaldt jm fusstapffenn nach Eröffnung derselben oder bei sitzendem Gericht in Gegenwart des Richters, an uns oder unser verordnetes Hofgericht mündlich appellieren und Apostel oder Urkundbriefe (vrkundts brieffts) fordern.

Die Appellation muss mit diesen oder dergleichen Worten erfolgen: »Von dieser vrtheyl / als beschwert / Ewer ehren vnd des gantzen handels nichtigkeit vorbeheltlich appelliere und berufe ich mich an meinen gnädigsten Herrn den Erzbischof und Kurfürsten zu Mainz oder seiner kurfürstlichen Gnaden verordnetes Hofgericht und bitte mit Apostel und Abschiedsbrief (abschiedts brieff) mitzuteilen.«

Diesen Appellationen, die nach Endurteilen geschehen, müssen die Gerichte mit diesen oder dergleichen Worten deferiren vnd stat geben: »Hochgedachtem unserem gnädigsten Herrn dem Erzbischof und Kurfürsten zu Mainz usw. zu untänigen Ehren, gibt das Gericht der Appellationen statt und einen Referenzbericht (reverentiall apostel).«

Wir wollen auch, dass in laufender Appellation weder durch die Richter oder Parteien etwas versucht oder geändert (antentirt oder einiche newerung) vorgenommen werden darf. [fol. 128]

Würde aber von solchen Urteilen appelliert, in den Fällen, die das Recht zu appellieren nicht gestatten, denselbigen Appellationen darf man nicht stattgeben und es muss zur Vollstreckung derselben fortgefahren werden.

Der Richter kann auch dem Appellanten eine geziemende und bequeme Zeit ansetzen, in der er den Oberrichter erreichen und seine Appellation anbringen kann. Wen das ohne ehrenhafte Ursache unterlassen würde, kann zur Vollstreckung gesprochener Urteile vermöge des Rechts geschritten werden.

Wenn aber von einigen Urteilen, in denen die Hauptsache inhaltlich der erzbischöflichen Hofgerichtsordnung unter angeordneten Summen, nämlich 25 Gulden, beträgt, oder in den Fällen, bei denen die Gerichte nicht gestatten zu appellieren, aber appelliert wird, dürfen die Gerichte solcher Appellation nicht stattgeben, sondern müssen sie mit diesen oder ähnlichen Worten verwerfen: »Nachdem deine Appellation frevelhaft und im Gericht oder nach Ordnung des Mainzer Erzbischofs nicht zulässig ist, geben wir denselben nicht statt, sondern Resutorial / Apostel und kann alsdann nach Gestalt des Handels vollführt und die Urteile gebührendermaßen vollzogen werden.

Doch müssen schmach sachen, sofern sie von dem Beklagten (jniuriaten) oder den Geschädigten (geschmechten) unter dem besagten Wert von 25 Gulden geschätzt oder erachtet werden, desgleichen die Sachen, die Obrigkeit, Gerechtigkeit, persönliche und andere Dienste, Barschaften, ewige und unablösliche Gülten, Zinse oder Nutzungen, auch anderes dergleichen betreffen, die keine gewisse Achtung haben, hierbei ausgenommen sein.

Jede Appellation mussen binnen 10 Tagen nach der Fällung des Urteils erfolgen, von stunden zw stunden zu rechnen, und wenn der Appellant von der endtvrtheyl jm fußstapffen mit lebendiger stimme appelliert, bedarf dies keiner schriftlichen Appellation. Wenn er aber nicht alsbald appelliert, sondern sich sonderns sich des der zeit des rechtens gebrauchen will, bleibt es ihm unbenommen, binnen zehn Tagen zu appellieren, doch, dass diese Appellation dann schriftlich erfolgen muss.

Solches kann vor dem Gericht, an dem das Urteil ergangen ist, oder vor dem Schultheißen und etlichen Schöffen (sofern man die haben kann) oder vor glaubwürdigen bekannten Notaren und Zeugen geschehen. Im letzten Fall muss das noch während der Verhandlung (jn zeit des rechtens) dem Gericht und der Gegenpartei mitgeteilt werden.

Damit auch die appellierende Partei ihrer Gegenpartei nicht gefährlicherweise aufhalten kann, will der Erzbischof, dass der Appellant zu Ausbringung der Akten oder des Gerichtshandels, wie das in erster Instanz geübt wurde und ergangen ist, sich zum vleissigsten bearbeyten sol / dieselbe aufts furderlichst ausszubringen und dem verordneten Hofgericht zu überantworten.

Es sollen auch unsere Untergerichte die Appellanten an der Ausbringung der Akten nicht säumen oder aufhalten und dabei nichts auslassen, auch besonders den Tag der Appellation und ob bei sitzendem Gericht oder nicht und welchermaßen appelliert worden ist, gesondert ausdrücken. [fol. 128v]

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Keine

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Zitierhinweis:

StA Wü, MIB 54 fol. 116 (116-128), in: Die Regesten der Mainzer Erzbischöfe, URI: http://www.ingrossaturbuecher.de/id/source/22595 (Zugriff am 29.05.2024)