Böhmer/Will, Regesten (706-1288)

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BW, RggEbMz 24 Nr. 001a

Datierung: 1089 - 30. April 1109

Quelle

Ohne Aussteller, Empfänger und Empfangsort

Archiv: Böhmer/Will, Regesten

Weitere Überlieferung:

Böhmer/Will, Regesten S.LVIII-LIX

Inhalt

Kopfregest:

Einleitende Bemerkungen Böhmers und Wills zu Erzbischof Ruthard.

Vollregest:

Vielfach verbreitet, und selbst in unserer Zeit noch vertreten (Giesebrecht, KG. III, 614), ist die Ansicht, dass Ruthard ein Thüringer von Geburt gewesen sei und dass er dem Haus Hartesberg angehört habe. (Vergl. Kremer, Orig. Nass. I, 295.) Diese Meinung beruht aber lediglich auf einer Chronik des Erfurter Petersklosters (Bei J. M. Guden, C. d. Hist. Erfurt: S. 28 heißt es: Extincto Wezilone rursus eiusdem monasterii [St. Petri] abbas Ruthardus in archiepiscopatu successit, a natalibus Erfurtensis etc. Nicolaus von Siegen, herausg. von Wegele in: Thür. Gqq. II, 275, sagt: Ruthardus, ut audivi, natus de Drifordia (Treffurt) extitit habuitque fratrem germanum etc.) und hat die entschiedenste Widerrede von Seiten Bodmanns in: Rheing. Alterth. 193 Note b, dann 375 u. 574 gefunden, der Ruthards Familienverhältnisse sorgfältig eruierend dessen Heimat aufs bestimmteste in den Rheingau verlegt. Indem er dann zu beweisen sucht, dass Ruthard der Familie der Herren von Lorch angehörte, weist er die Ansicht zurück, nach welcher er für einen Herrn von Winkel (Vergl. namentlich Wolf, Gesch. d. ehemal. Klosters Steine.) oder gar einen Greifenklau ausgegeben wird.

Als Zeit der Erhebung unseres Erzbischofs auf den Mainzer Stuhl wird in einigen Quellen das Jahr 1088 angegeben, allein es geschieht dies immer nur in Verbindung mit der Angabe des in jenem Jahr eingetretenen Todes seines Vorgängers (Vergl. nr. 1.), sodass uns die Annahme von der im Jahr 1088 erfolgten Erwählung, gegenüber der Überlieferung von der im Jahr 1089 stattgefundenen wirklichen Einsetzung oder Weihe, nicht recht haltbar erscheinen will.

Seine Erhebung verdankte Ruthard jedenfalls dem Kaiser und dessen Partei, deren eifriges Glied er war. (Vergl. Nr. 15 und Nr. 17). Nachdem er aber mit dem Kaiser in heftigen Konflikt geraten war und Mainz hatte verlassen müssen, sagte er sich auch von dem Gegenpapst los und ward sogar von diesem mehrmals nach Rom vorgeladen, um sich von den gegen ihn erhobenen Beschuldigungen zu reinigen. Er leistete aber nicht Folge, sondern erwarb sich die Gunst Papst Urbans II. (Vergl. Nr. 58) und ward nun ein eifriger Anhänger der antikaiserlichen Partei. Er ist als die Seele des Kampfes des jungen König Heinrichs V. gegen seinen Vater zu betrachten und für die Bestrebungen des Papstes Paschal II. wendete er alle seine Kraft auf. Wie er sich aber nicht scheute, den kirchlichen Standpunkt König Heinrich V. gegenüber bei dessen Krönung zum Ausdruck zu bringen, so nahm er auch mit Entschiedenheit für diesen Partei, als derselbe mit dem Papst in Streit geraten war. (Bezüglich der Benutzung des unechten Dekrets Hadrians durch Heinrich V. vergleiche Bernheim, Das unechte Dekret Hadrian's I. u. s. w. in: Forschungen z. d. G. XVI, 638.) Paschal entfernte deshalb den Erzbischof aus seinem Amt, führte ihn aber bald wieder in dasselbe zurück. Wir sehen also in Ruthard einen Mann, der nicht nur ein vollkommen freies Urteil besass, sondern auch mit Ernst die Ziele verfolgte, welche er als die besten erkannt hatte, und möchten Bedenken tragen, ihn als einen »wenig würdigen Vertreter des deutschen Episcopats« zu bezeichnen, wie es neuerdings von Druffel (Heinrich IV und seine Söhne. 38) geschehen ist.

Den Klöstern widmete Ruthard seine stete Aufmerksamkeit und mit allen Mitteln suchte er dieselben zu fördern. (Vergl. Waitz,Verfassungsgeschichte. V, 270).

Unter den Quellen widmet ihm das Chron. Lippoldsb. (Böhmer,Font. III, 258 u. MGH SS 20, 548) einen panegyricus indem es schreibt: His ita gestis, ut dictum est, vir totus in fide catholicus, vir deo devotus in omnibus, Rothardus nomine, non sibi sumens honorem, ut pontifex fieret, sed tanquam Aaron a deo vocatus, archiepiscopo Sifrido defuncto successit [1088-1109], quippe qui pontificatus infula decoratus tam probis eam actibus extulit, doctrina tam catholice veritatis ornavit et compsit, ut nulli predecessorum suorum, quantocunque virtutum flore vernantium, secundus existeret. Unde nonnullas hereticorum expertus insidias, hinc et illinc prudentia patientiaque munitus, quis esset aperuit, dum et hos sane doctrine telo retunderet, et alios patientie scuto munitus exciperet. Duobus etenim modis mater impugnatur ecclesia: verbis et gladiis. Sed cum verbis persecutionem sustinet, exercetur eius patientia. Cum vero gladiis, exercetur illius sapientia. Vir igitur iste sanctus, in domino utrimque munitus, utrimque velut athleta fortis amatus, hos et illos pede victoriose virtutis attrivit, dum et illis et istis intrepidus quoad viveret suis sueque nequicie competentibus modis semper occurreret. Quo adhuc in hac vita superstite, ipse quoque, sicut et antecessores sui, diligere frequentare nec non et possidere hanc cepit ecclesiam. [Lippoldesberg]. Hier wollen wir noch die dunkle, ja etwas mysteriös erscheinende Stelle in Benzos Panegyrikus auf Heinrich IV. aufführen, in welcher jener Autor unseren Erzbischof für geeignet hält, die Normannen aus Apulien und Calabrien zu vertreiben... Scio enim quia nemo esset tam hydoneus ad hoc opus, quam ille, super cuius caput apparuit igneus globus. Locus denique, cui presidendo titulatur, Acigumna (durch Umstellung der Silben aus Maguncia gebildet) vocitatur. MGH SS 11, 681.

Die Beschreibung von Ruthards Siegel, auf welchem zum ersten Mal die Figur auf dem Faldistorium sitzend vorkommt, siehe bei Würdtwein, N. subs. I. Einleitung XXXII; die Abbildung findet sich auf Tafel VIII.

Namensformen: Ruthardus, Ruothardus, Ruodhardus, Routhard, Roudhard, Ruochardus, Ruckardus, Ruchardus, Rothardus, Rotard, Rôthart, Ruother, Ruther, Richardus.

Quellenansicht

Keine

Metadaten

Personenindex

Zitierhinweis:

BW, RggEbMz 24 Nr. 001a, in: Die Regesten der Mainzer Erzbischöfe, URI: http://www.ingrossaturbuecher.de/id/source/21660 (Zugriff am 17.04.2024)