Böhmer/Will, Regesten (706-1288)

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BW, RggEbMz 22 Nr. 001a

Datierung: 6. Januar 1060 - 16. Februar 1084

Quelle

Ohne Aussteller, Empfänger und Empfangsort

Archiv: Böhmer/Will, Regesten

Weitere Überlieferung:

Böhmer/Will, Regesten S.LVI-LVII

Geographische Bezüge:

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Inhalt

Kopfregest:

Einleitende Bemerkungen Böhmers und Wills zu Erzbischof Siegfried I.

Vollregest:

Wenn es auch nicht erweislich ist, wie vielfach angenommen wurde, dass Siegfried (Sigfrid) dem Grafenhaus des Königssondergaues, insbesondere der damals die Burg Eppstein besitzenden Linie angehörte, so ist doch diese Abstammung immerhin wohl denkbar. (In den Monum, Blidenst. ed. Will. S. 16, Nr. 56 heisst es: A. dom. mlxxvii dominus Sifridus archiepiscopus dedit nobis pro anniversario parentum suorum XII marcas que cedunt de curia sua in Höste.

Von den älteren Arbeiten über die Geschichte des Eppsteins von Wenck, Steiner, Eigenbrodt, Vogel, Schliephake absehend, verweise ich auf die neuesten Untersuchungen von Dr. Schenk zu Schweinsberg in: Correspondenzblatt des Gesammtvereins. Jhrg. 1874, Nr. 9; Nachträge dazu in Jhrg. 1876, Nr. 2. Ferner in: Mittheilungen des Hanauer Bezirksvereins. Nr. 5, Tafel II.) Lambert von Hersfeld bemerkt zum Jahre 1059: Cui successit Sigfridus abbas Fuldensis. Abbatiam (Fuldensem) vero Wideradus obtinuit, eiusdem coenobii monachus, eiusdem quoque familiae oriundus. (MGH SS 5, 161), ohne jedoch die Familie, der beide angehörten, zu bezeichnen. Jedenfalls war dieselbe eine hochangesehene, da wir noch ein drittes Glied derselben als Propst von St. Victor in Mainz kennen lernen. Erzbischof Siegfried stellt nämlich im Jahr 1072 (S. unten Nr. 70) eine Urkunde für dieses Stift aus per interventum dilectissimi consanguinei nostri, Hartwini prepositi. Seine Erziehung erhielt Siegfried aller Wahrscheinlichkeit nach im Kloster Fulda und ward zugleich mit Marianus Scottus in Würzburg zum Priester geweiht. (Ego Marianus indignus cum Sigfrido abbate Fuldensi iuxta corpus sancti Kiliani martiris Wirziburc consecratus ad presbiteratum, sabbato mediae quadragesimae. Mar. Scot.in: M. G. SS. V, 558. Vergl. auch: Ann. Disib. in: Böhmer, Font. III, 184.) Dass er Mönch und Abt zu Fulda war, bemerkt Lambert zum Jahre 1058 (cui Sigefridus, eiusdem [Fuld.] coenobii monachus, successit) und dann zum Jahr 1059 a. a. O. Ebenso wird es nachdrücklich von Mar. Scot. und in dem Chron. Lippoldesb. hervorgehoben (S. Nr. 1). In der Reihe der Fulder Äbte, welche zu der hohen Stufe des erzbischöflichen Stuhles von Mainz gelangten, nimmt er die neunte Stelle ein. (Vergl. Dronke,Zur Chronologie der Fulder Aebte. in: Ztschr. d. Ver. f. hess. G. V, Heft I, 36.)

Inmitten des gewaltigen Kampfes zwischen Papsttum und Kaisertum, der in der zweiten Hälfte des elften Jahrhunderts die zivilisierte Welt bewegte und erschütterte, spielte Siegfried eine viel unbedeutendere Rolle, als man es von dem Primas Germaniens hätte erwarten sollen. Der Grund hiervon ist vorzugsweise oder ausschließlich in seiner Persönlichkeit zu suchen, der es offenbar an allen den Eigenschaften gebrach, die zur Begründung von Ansehen und Achtung gehören. Siegfried war in keiner Weise der Aufgabe gewachsen, die er hätte lösen sollen. Ein großes kirchliches oder politisches Ziel hat er wohl nie ins Auge gefasst, sondern es waren stets kleinliche, ja zum Teil unsittliche Beweggründe, die seine Handlungen bestimmten. Eigennutz, Habsucht, Geldgier, das mochten so die Directiven für seine Wege sein, die ihn bald nach dieser, bald nach jener Richtung führten. Schwäche und Charakterlosigkeit geben sich überall als die Hauptzüge seines Wesens kund; bei keiner Gelegenheit hat er Kraft und Ausdauer bewiesen. Wenn es galt, mit Entschiedenheit einzugreifen, verließ er den Schauplatz, und mehr als einmal sah ihn die Partei, welcher er sich angeschlossen, plötzlich auf Seiten der Gegner. Auf diese Weise verlor er natürlich allerwärts das Vertrauen und somit auch den Einfluss, den er hätte ausüben müssen (Vergl. Waitz, Verfassungsg. VI, 220 u. 222 und Bernheim, Das unechte Dekret Hadrian's I u. s. w. in: Forschungen z. d. G. XVI, 629.), wenn er die Macht seiner Stellung durch erhabene Ideen und hervorragende persönliche Eigenschaften hätte zur Geltung bringen können. Genug, der Metropolit von Mainz hätte die traurigen Schicksalsschläge, von denen Deutschland in den Jahren der inneren Kämpfe heimgesucht ward, vielleicht abwenden können, wenn er ein Mann gewesen, der von allen Privatvorteilen und Rücksichten absehend, in Begeisterung für der Kirche und des Reiches Wohl mit starker Hand in das Rad der Zeit einzugreifen den Willen und die sittliche Kraft besessen hätte. Die Bezeichnung als Gregorii papae per multas tribulationes adjutor indefessus bei Bernoldus (MGH SS 5, 439) hat schon Stenzel, G. Deutschlands unter d. Fränk. Kaisern. II, 101 als unbegründet zurückgewiesen. Seine kirchliche Wirksamkeit beschränkte Siegfried, wie es scheint, auf die Besserung der Klöster und nach dieser Richtung verdient sein Streben ohne Zweifel Anerkennung. Dieselbe ward ihm schon durch Nicolaus von Siegen zuteil, welcher schreibt: Nam satis clare habetur et legitur in cronica Lamperti Hersfeldensi monachi, quod sanctus presul Anno aeus Coloniensis renovavit et reinstauravit vitam monasticam in sua diocesi, ubicunque poterat. Simile fecit Sigefridus, archipresul Mogunciensis, in suis provinciis. Nam hi duo presules et viri religiosi, deo devoti et zelosi, cum ipsimet fuissent in Italia et certa cenobia reformata intrassent, et laudabilem vitam et monasticam conversacionem monachorum inibi considerassent et vita atque mores eorundem eisdem placerent et ad cor accepissent: toto conanime nisi sunt restaurare vitam monasticam iam in Germania collapsam et ad pristinum statum reinstaurare. (Thüring. Geschqq. II, 237).

Unter den Quellen verkündet nur das Chronikon des Klosters Lippoldsberg, dessen hervorragender Wohlthäter Siegfried war, sein Lob in lauten Tönen, indem er schreibt: Hic quia in diebus suis et ipse placuit deo et inventus est iustus, et in tempore iracundie reconciliato, ut filius pacis inter multos eminuit, necesse fuit et oportuit, ut tamquam aurum in fornace, sic malorum insectatione probatus, odorem suarum virium tanto latius spargeret, quanto more aromatum melius ex incensione flagraret. Noverat in prosperis pie subditos regere et a malis districte custodire. Noverat mundus quis esset in prosperis, sed nesciebat quis futurus esset in malis tollerandis. Ne quid ergo vicii tegere deberet in eo prosperitas, dignum fuit ut hoc aperiret adversitas. Data est igitur contra eum filiis hujus seculi temptandi licentia, ut dum bona eius multis cognita conarentur extinguere, etiam bonum patientie ejus, quod latebat, dispensante deo cogerentur ostendere. (Böhmer, Font. III, 256 u. MGH SS 20, 547.) Ausser dem reichen Material, welches die gleichzeitigen Chronisten zur Geschichte Siegfrieds enthalten, sind die mit großer stylistischer Vollendung abgefassten (Vergl. Wattenbach in: Heidelberger Jahrbücher. Jhrg. 1869 S. 588.) Briefe von ihm an die Päpste Alexander II. und Gregor VII. und dann deren Schreiben an ihn (enthalten in dem Codex Udalrici, neuestens kritisch herausgegeben von Jaffé, Monum. Bamberg. in: Biblioth. hist. V.) von der höchsten Wichtigkeit.

Über das Siegel Siegfrieds vergl. Würdtwein, Nova Subsidia I. S. XXVII flgde; Die Geschichtsforschung, welche sich schon seit längerer Zeit mit Vorliebe dem elften Jahrhundert zugewendet hat, richtete natürlich auch auf Siegfried ihre Aufmerksamkeit. So Stenzel, Geschichte Deutschlands unter den fränkischen Kaisern. 2 Bde. Leipzig. 1827, 1828; Voigt Joh., Hildebrand als Papst Gregorius VII und sein Zeitalter. Weimar 1846. (2 Aufl.); Floto H., K., Heinrich IV und sein Zeitalter. Stuttgart u. Hamburg. 1855. 2 Bde.; Rheinischer Antiquarius. 2 Abth., XV, 592-598; Gfrörer, Gregor VII . Bd II u. VII. u. Giesebrecht, Kaisergeschichte. Bd III; dann sind zu erwähnen: Lindner, Anno II. der Heilige. Leipzig 1869; Baxmann, Die Politik der Päpste von Gregor I bis Gregor VII. Elberfeld 1869; Th. Schönborn, De causa et lite decumana inter Thuringos et archiepiscopos Mogontinos. Pars prior. Monasterii. 1866; Grund, Die Wahl Rudolfs von Rheinfelden z. Gegenkönig. Leipzig, Duncker und Humblot. 1870.

Namensvarianten: Sifridus, Siffridus, Syfridus, Syffridus, Sifredus, Syfredus, Seifredus, Sigfridus, Sigefridus, Sigifridus, Sigefredus, Ziffridus, Sighardus.

Quellenansicht

Keine

Metadaten

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Zitierhinweis:

BW, RggEbMz 22 Nr. 001a, in: Die Regesten der Mainzer Erzbischöfe, URI: http://www.ingrossaturbuecher.de/id/source/21658 (Zugriff am 19.04.2024)