Mainzer Ingrossaturbücher Band 09

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StA Wü, MIB 9 fol. 297v [02]

Datierung: 28. März 1375 [a]

Quelle

Aussteller:

Ausstellungsorte:

Archiv: Würzburg StaatsA

Weitere Überlieferung:

  • Regestensammlung im StAD Best. R 11 A Kurmainzer Regesten Nr.  25. (mit Verweis auf: Vigener, Karl IV. S. 17 und 26 bis 28. - Hollmann, Domkapitel S. 40f., 335f. und 387f. (zur Prosopographie)). - Beyer, UB Erfurt Bd. II, S. 523, Nr. 729. Korrektur von fehlerhaften Lesarten bei Beyer: S. 524, Zeile 13 von unten statt undirricht undirrichten. S. 525 Zeile 9 lies statt in keines richtig nye keins).

Geographische Bezüge:

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Inhalt

Kopfregest:

Der Mainzer Domdekan Heinrich Beyer von Boppard unterrichtet den Ritter Heinrich von Hardenberg über die Klage gegen Dietrich von Ilfeld.

Vollregest:

Dem strengen ritter Hern Heinrich von Wartingberg [sic!] syme liben besundern frunde

Der Mainzer Domdekan [Heinrich Beyer von Boppard] an den Ritter Heinrich von Hardenberg (Hartinb(er)g), seinen lieben besonderen Freund", der ihm wegen des [Dietrich] von Ilfeld (Ilvelts) [b] geschrieben hat.
Dietrich hat den dem Domkapitel geleisteten Schwur, als Kanoniker des Erzstiftes Gesetz zu beobachten, nicht gehalten. Heinrich und andere Domherren haben ihm oft mündlich vorgeworfen, dass er gegen Eide und Ehre gehandelt habe, aber Dietrich lehnte eine Untersuchung durch das Domkapitel stets ab und ebenso eine Entscheidung durch Mainzer Mannen und Burgmannen jener Gegend [bei Mainz], bei denen Heinrich klagte. Darauf brachte Heinrich seine Klage über das Verhalten Dietrichs vor Erzbischof Kuno von Trier, Erzbischof Friedrich von Köln und Adolf, erwählten Erzbischofs von Mainz und Bischof von Speyer. Diese beschlossen, die Sache zwischen Heinrich und anderen Domherren, die auch gegen Dietrich klagten, einerseits und dem Dietrich andererseits durch Erzbischof Kuno und Erzbischof Adolf bis Johannis Baptiste [24. Juni 1373] entscheiden zu lassen, spätestens aber bis Michaelis [29. September 1373].
Dann kann es, dass Erzbischof Adolf und das Domkapitel dem Dietrich die Mitteilung der Erwählung Adolfs an den Propst und die Vertretung ihrer Interessen anvertrauten. So wurde die Entscheidung der Sache bis auf Dietrichs Rückkehr verschoben. Als Dietrich aus Avignon zurückkam, hat er dem Erzbischof Adolf und dem Domkapitel so gedient, dass er ohne Urlaub vom Erzbischof und Kapitel von dannen ging. Im Lande und zu Mainz sagt man ganz allgemein, er habe dem Erwählten und dem Domkapitel nicht wie ein Biedermann gedient.
Heinrich von Hardenberg solle nun dem Dietrich zur Verantwortung vor dem Domkapitel ziehen, denn die Sache geht das Kapitel an, oder vor den Mannen und Burgmann des Erzstiftes auffordern. Will Dietrich das nicht, ist das Kapitel auch heute noch bereit zur Verhandlung vor Erzbischof Kuno und Erzbischof Adolf, der beiden Teilen urkundlich die Rechtsentscheidung zugesagt hat. Falls Dietrich meint, dass ihm Adolf wegen der Art, wie er diesem gedient hat, ungünstig gesinnt sei, soll der Erzbischof von Trier alleine urteilen. Der Dekan will für sich und seine Genossen dem Dietrich bis Pfingsten Geleit verschaffen. Geht Dietrich darauf bis Pfingsten nicht ein, wo wird der Dekan nach wie vor sagen, Dietrich sei an ihm und dem Kapitel meineidig geworden, indem er seinen Schwur auf die Freiheit und Gewohnheit des Kapitels nicht gehalten habe.
Dass Dietrich in seinem Brief [d] Geleit zu Erfurt fordert, wundert den Dekan sehr, denn Erfurt habe dem Kapitel und den Kanonikern gegenüber stets nach Wunsch gehandelt und man bedürfte dort keines Geleits. Er wüßte daher gerne, durch welche Umstände Dietrich Geleit zu Erfurt begehre.
[s.d.]

Quellenkommentar:

Der Brief des Dekans Heinrich Beyer von Boppard bezieht sich auf die Zeit nach der am 21. April 1373 erfolgten Wahl des Elekten Adolf von Nassau durch das Mainzer Domkapitel. Domdekan Heinrich Beyer von Boppard hatte schon 1371 diejenige Partei im Mainzer Domkapitel angeführt, die Adolf von Nassau unterstützte. Dietrich von Ilfeld, der sich in Mainz als Verwandter, Sekretär und Generalvikar des Erzbischofs Gerlach von Nassau (+ 1371) etabliert hatte und dem als Protegé des Erzbischofs Gerlach 1366 auf dessen Betreiben eine Dignität im Mainzer Domkapitel reserviert worden war, lag schon früh mit dem Mainzer Domkapitel im Streit, das offenbar seine Ritterbürtigkeit anzweifelte, worüber es zum Prozeß vor der Kurie kam (Regesten der Mainzer Erzbischöfe, Bd. II, 1, Nr. 2170). Dennoch erhielt Dietrich von Ilfeld - wohl aufgrund seiner engen Beziehungen zum Hause Nassau - den Auftrag, als Vertreter des Domkapitels und des Elekten Adolf dessen Interessen bei der Kurie in Avignon wahrzunehmen. Papst Gregor XI. forderte für die Anerkennung der Wahl ein ungewöhnliches hohes Subsidium von 30.000 Gulden von dem Elekten Adolf, welcher auf die Zusicherungen des Papstes hin in kürzester Zeit 22.000 Gulden zahlte, die Dietrich von Ilfeld selbst in Avignon aushändigte (vgl. Regesten der Mainzer Erzbischöfe, Bd. II, 2, Nr. 3139 zu 1374 Januar 13, Druck Kirsch, Kollektorien, S. 406). Gregor täuschte Adolf allerdings und providierte auf Betreiben Kaiser Karls IV. Ludwig von Meißen mit dem Mainzer Erzstift. Domkantor Dietrich von Ilfeld hatte die für den Elekten Adolf im Ergebnis höchst unglücklichen Verhandlungen in Avignon geführt. Ob der Domkantor bei seinen Unterhandlungen mit dem Papst lediglich in gutem Glauben handelte (so bekundete es der Domkantor selbst) und - wie auch Adolf - ebenfalls durch die Kurie getäuscht wurde, oder aber den Elekten Adolf bewußt hinterging und mit Gregor XI. bei diesem Täuschungsakt gemeinsame Sache machte, wie es seine Gegner im Domkapitel anschließend behaupteten (so Vigener, Karl IV., S. 28, der sich dieser Position Beyer von Boppards vorbehaltlos anschließt und von Verrat spricht), ist wohl nicht mehr mit letzter Sicherheit zu entscheiden.

Fußnotenapparat:

[a] Die Datierung ergibt sich aus dem Zusammenhang.
[b] Der Domdekan sagt in dem Brief stets: der von Ilvelt.
[c] Die Wahl fand am 21. April 1373 statt (Regesten der Mainzer Erzbischöfe Bd. II, 2, S. 57, Nr. 3052).
[d] Dietrichs Brief ist dem Dekan durch Heinrich von Hardenberg zugesandt worden.

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Zitierhinweis:

StA Wü, MIB 9 fol. 297v [02], in: Die Regesten der Mainzer Erzbischöfe, URI: http://www.ingrossaturbuecher.de/id/source/947 (Zugriff am 20.04.2024)