Böhmer/Will, Regesten (706-1288)

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BW, RggEbMz 32a Nr. 001a

Datierung: 1200 - 1208

Quelle

Ohne Aussteller, Empfänger und Empfangsort

Archiv: Böhmer/Will, Regesten

Weitere Überlieferung:

Böhmer/Will, Regesten S.XXVIII-XXXI

Inhalt

Kopfregest:

Einleitende Bemerkungen von Böhmer/Will zu Gegenerzbischof Lutpold (Liutpold)

Vollregest:

Vormerkung: Der schismatische Erzbischof Lupold kann natürlich nicht in die Reihe der Mainzer Erzbischöfe aufgenommen werden und in derselben mitzählen. Dies geschah auch schon nicht um die Mitte des 13. Jahrhunderts, wie aus dem ehemals in der Barfüßer-Kirche zu Erfurt vorhanden gewesenen Grabstein Erzbischof Gerhards zu ersehen ist, auf welchem dieser als »archiepiscopus trigesimus quintus« gezählt wird. (S. unten bei Erzbischof Gerhard I Nr. 261.)

Die Herkunft Lutpolds war lange dunkel und es findet sich das Geschlecht, dem er entstammte, in der Mainzer literatur unseres Wissens erst im Jahre 1722 bei Joannis erwähnt, welcher in Rer. Mog. I, 585, Note 2 bemerkt: »Vetusta, nobilique Scheinfeldiorum sive Schönfeldiorum prosapia natus fuit ... Utrumque cognoscere est ex litteris ipsius anno 1196 et 1198 datis, quas diplomatibus Moguntinensibus inserui.«

Die beiden hier erwähnten Urkunden veröffentlichte im Jahr 1728 Gudenus. in: Sylloge veterum diplomatum S. 41 u. 56 mit einer dritten, die hier in Betracht kommt, vom Jahr 1199 auf S. 60, und es wurden dieselben auch abgedruckt von Schannat, Hist. episcop. Wormat. II, 90, 92 u. 93. War Joannis durch die Erwähnung der »prosapia Scheinfeldiorum« bereits auf der rechten Fährte zur Entdeckung der Familie Lupolds gewesen, so lenkte er durch die Hinzufügung von »sive Schönfeldiorum« wieder von derselben ab, und Gudenus geriet dann vollends in die Irre. In dem sonst der rühmlichen Bezeichnung »Gudenisch« würdigen Register zu »Sylloge« erklärt er den in den angeführten Urkunden als Bruder des Bischofs Lutpold von Worms vorkommenden Fridericus de Schenvelt für einen »Schönfeld«. In Band I, Seite 407 seines Codex diplomaticus bemerkt er in bezug auf die beiden fraglichen Urkunden von 1196 und 1198 (nicht 1206 u. 1208, wie in der Überschrift fälschlich gedruckt steht): »Quae porro Litterae cum in finem adductae fuerant, ut Nomen retegerent Stemmatis, unde Lupoldus fuit prognatus [de Schönfeld] hactenus incognitum,« und im Cod. dipl. II, 819 fügt er zu der Notiz über den Tod Erzbischof Siegfrieds bei: »Archiepiscopo Lupoldo de Schönfeld.« Auch Agnes de Schenvelt in Gudenus C. d. I, 708 und 709 erscheint im Register als »de Schönfeld«. Schannat endlich verwandelte in den Urkunden von 1196 und 1198 den Fridericus de »Schenvelt« in de »Schönvelt«. Freilich ahnte Joannis bei der Identifizierung von »Scheinfeldisch« mit »Schönfeldisch« ebensowenig wie Gudenus bei der von ihm gemachten Entdeckung der Familie Lupolds oder Schannat bei der Korrektur oder besser Korruption des »Schenvelt« in »Schönvelt«, dass sie ein genealogisches Rätsel aufgäben, welches erst nach anderthalbhundert Jahren seine glückliche Lösung finden sollte*).

* Um alle die übrigen Geschichtsschreiber älterer und neuerer Zeit, bei welchen sich der fragliche genealogiache Irrtum als sicheres Erbe findet, zu übergehen, erwähnen wir nur, dass noch jüngsthin Winkelmann, Philipp von Schwaben und Otto IV. Bd. I, 191, Roth v. Schreckenstein, Herr Diethelm v. Krenkingen u. s. w. in: Zeitschrift f. Gesch. d. Oberrheins XXVIII, 330, Lappenberg in: MG. SS. XXI, 214 note 53 und Holder-Egger in: MG. SS. XXIV, 149 note 2 unsern Wormser Bischof "Lupold von Schönfeld" nennen.[Vgl. dazu die NDB 15 (1987)]

G. Schenk z. S. hat das Verdienst, im Correspondenzblatt des Gesammtvereins. Jahrgang 1875, Nr. 5 in einem Aufsatz: »Die Abstammung des Bischofs Lupold von Worms« den evidenten Beweis erbracht zu haben, dass unser Bischof Lupold von Worms »höchst wahrscheinlich einem früh erloschenen kleinen, aber freien Herrengeschlecht von Scheinfeld angehört hat, das seinen Sitz in einer Burg Schwarzenberg bei Ober-Scheinfeld in Franken hatte.«

Wir wollen hier die sehr gewichtigen genealogischen Erörterungen Schenks nicht wiederholen, doch glauben wir die sprachliche Seite, welche in der bewussten Ausführung nur leise berührt wird, etwas mehr betonen zu sollen. In der mittelniederdeutschen Sprache kann nach der vollwichtigen Erklärung Dr. Frommanns, II. Vorstands des Germanischen Museums in Nürnberg, »Schenvelt« ganz wohl für »Scheinvelt«, aber gewiss nicht für »Schönfelt« stehen, wie auch heute noch in der fränkischen Mundart ĕ für ei (also mittelhochdeutsch ei: Scheinvelt) gebraucht wird. (Vgl. Frommann's Zeitschrift für die deutschen Mundarten. VII, 43 u. Grimm's Grammatik. I, 469 u. 90 folgde.) Für Schönfeld, welcher Name sehr häufig vorkommt, findet sich im 12. jahrhundert geschrieben: Schonevelt, Schonenfelt, Sconevelt, Sconivelt, niemals Schenvelt. Ganz ähnlich verhält es sich bezüglich der Namen Schönau, Schönberg, Schönstadt u. s. w. (Vgl. Förstemann, Ortsnamen.)

Lupold erfreute sich jedenfalls eines bedeutenden Wohlstandes, da er - wie aus den eben zitierten Urkunden von 1196 u. 1198 bei Gudenus Sylloge 41 n. 56 hervorgeht - dem Kloster Schönau einen erheblichen Besitz aus seinem Patrimonium zuwendete. Ebenso kann es keinem Zweifel unterliegen, dass seine Familie den freien Herren angehörte, denn Caesarius Heisterbacensis im Dialogus, Dist. II, Cap. 9 bezeichnet seinen Bruder (germanua suus) als »vir nobilis«. Auch stand er zu dem Speyerer Bischof Konrad III v. Scharfeneck in verwandtschaftlichem Verhältnis, da er selbst von demselben in der Urkunde für die Kirche St. Salvator zu Metz (1203) sagt: »... interveniente pro ipsa apud Nos venerabili Fratre et consanguineo nostro, domino Spirensi episcopo« (Schannat, Hist. episc. Worm. I, 18; Remling. Gesch. der Bischöfe zu Speyer. I, 423). Ferner war Lupold von mütterlicher Seite ein Neffe des Bischofs Konrad II. von Worms aus dem adeligen Geschlecht der Stemberg, welchen er selbst seinen Onkel nennt. (»... anniversarium avunculi nostri episcopi Conradi.« Urkunde v. 1213 in: Schannat, Hist. episc. Worm. II, 99). Diese verwandtschaftliche Beziehung wird auch durch eine Urkunde für das Kloster Wimpfen vom Jahr 1175 bezeugt, in welcher es heißt: ... qualiter Dominus Liupoldus Praepositus noster, mediante avunculo suo venerab. Wormat. Eccl. episcopo Cunrado etc. (Schannat, Hist. episc. Wormat. I, 116.)

Aus der zuletzt angeführten Urkunde wird auch ersichtlich, dass Lupold im Jahr 1175 Propst des klosters Wimpfen war. - Ebenso steht fest, dass er das Amt eines Propstes in Neuhausen bekleidete. Denn unter den Zeugen der Urkunde Kaiser Friedrichs I. von 1173 Nov. 29 erscheint »Liupoldus Niuhusensis praepositus.« (Vergl. Stumpf, Reichskanzler Nr. 4151) und in den Urkunden des Bischofs Konrad von Worms von 1174 und 1190 »Liupoldus praepositus de Niuhusen« und »Liupoldus Nuhusensis praepositus«. (Schannat a. a. O. II, 84 und 87.) Caesarius Heisterb. bemerkt im Dialog. II, 9 besonders: »Iste prius fuit prepositus ecclesie Nuhusensis«. Endlich besaß Lupold als drittes Amt die Dompropstei zu Worms, doch scheint er dieselbe erst um das Jahr 1193 erhalten zu haben, da er in eben diesem Jahr in einer Urkunde Kaiser Heinrichs VI. als »Lupoldus maioris ecclesie in Wormatia prepositus« unter den Zeugen vorkommt. (Stumpf, RK. nr 4821.) Dasselbe ist der Fall im Jahr 1194 April 2 (Stumpf, RK. nr 4853.) und im Jahr 1195 Juli 19. (Stumpf, RK. nr 4955.) Außerdem erscheint er in zwei Urkunden des Erzbischofs Konrad von Mainz vom Jahre 1194 als »major praepositus Wormatiensis«. (Schannat, a. a. o. 88 und Gudenus, C. d. I, 330.)

Als Bischof von Worms erhielt Lupold auch die Abtei Lorsch. Dies bezeugt er selbst, indem er in der Urkunde von 1206 Febr.16 für das Kloster Schönau (S. unten Nr. 23) sagt: a nobis utpote a Laurissensi Abbatia, cui dono Dei praesumus. (Gudenus, Sylloge. 67; Schannat, Bist. episc.Worm. II, 95.) Neuerdings sind auch mehrere Schreiben Papst Innocenz' III. bekannt geworden, in welchen der Besitz der Abtei Lorsch in der Hand Lupolds erwähnt wird. Theiner, Vetera monum. Slavor. merid. I veröffentlichte nämlich folgende drei Inhaltsangaben von Briefen des genannten Papstes und zwar zunächst zum Jahr 1200 auf S. 53 unter Nr. 222: »Devote pareant et intendant u. unter nr. 223: Epo Wormaciensi et pluribus aliis super eodem.« - (Potthast, Reg. pont. Rom. nr 1204 und 1205.) Endlich zum Jahr 1202 auf S. 62 unter Nr. 255: »Cancellario Aule Imperialis et Spirensi Episcopis, quod Wormaciensem Episcopum, qui se in Archiepiscopum Maguntinum contra canonicas sanctiones et in Abbatem Monasterii de Larissa intrusit, moneant desistere a premissis; alioquin ipsum excommunicent et Conventui inhibeant, ne sibi in aliquo pareant vel intendant.«

Wie es kam, dass der Papst das einemal aufforderte, dem als Abt erwählten Bischof Gehorsam zu leisten, und das anderemal die Absetzung desselben als eines Eindringlings anempfahl, ist unschwer einzusehen, da inmitten zwischen den beiden Kundgebungen des Papstes der Ausbruch des Mainzer Schismas liegt. Noch wollen wir darauf aufmerksam machen, dass Lupold nicht, wie Schannat Hist. episc. I, 364 meint, durch König Philipp erst im Jahr 1203 die Lorscher Abtei erhielt (Lauresheimensem Abbatiam, forte sub idem tempus Rectore vacuam, quod regii iuris esset, a Philippo in servatae sibi hactenus fidei praemium retulit), sondern, dass er durch Wahl des Konvents, wie in dem oben zuerst erwähnten päpstlichen Schreiben ausdrücklich bemerkt wird, schon im Jahr 1200 in deren Besitz gelangte. (Vergl. Mone, Zeitschrift für die Gesch. des Oberrheins. XIX. 33 und Falk, Geschichte des Klosters Lorsch. 93 und noten 128 und 162.)

Es ist außerordentlich leicht, sich von Lupolds Character ein getreues und lebendiges Bild zu schaffen, da sein rauher Sinn und sein gewalttätiges Wesen durch vielerlei Tatsachen mächtig hervortreten und das Urteil, welches der ihm fast gleichzeitige Caesarius von Heisterbach (er sagt ausdrücklich: »In Wormatia ante paucos annos quidam episcopus fuit nomine Lupoldus«) über ihn fällt, ganz wohlbegründet erscheinen lassen. Wo es galt, mit dem Schwert in der Hand seine eigene Sache oder diejenige eines anderen zu verfechten, war er an seinem rechten Platz; das wilde Treiben des Krieges entfesselte seine Leidenschaften, denen er den freiesten Spielraum liess. Zum Beweis hiefür erwähnen wir die von ihm im Jahr 1196 geführten Kämpfe in Italien, in welchen er sich zum Werkzeug der Grausamkeiten des Kaisers Heinrich VI. machen ließ. Das Chronicon Richardi de S. Germano in: Ughelli, Italia sacra. III, 962 berichtet hierüber: Qui de Alemannia Vormaciensem Episcopum misit legatum in regnum, qui Neapolim veniens cum iam dicto Casinense Abbate Latinis etiam aliis et Theutonicis Imperiale implens mandatum, Neapolis muros, et Capuae funditus fecit everti. Und wenn der genannte Autor zum Jahr 1197 folgende Bestialität überliefert: Imperator ipse de Alemannia rediens assignatum sibi a Diopuldo Roccae arcis castellano dictum Acerrarum comitem, cum apud Capuam curiam regeret generalem, trahi ab equo primum per plateas Capuae et demum verso deorsum capite suspendi vivum iubet. Quem viventem post biduum, quidam Imperatoris histrio Theutonicus cognomine Follis, vt ipsi Imperatori placeret, ligato ad guttur eius non paruo lapidis pondere, ipsum turpiter exhalare coegit, so kann man sich wohl nicht der Überzeugung entschlagen, dass auch der als kaiserlicher Feldherr das Kommando führende Bischof als Mitschuldiger an den Scheußlichkeiten zu betrachten ist, die gewissermaßen unter seinen Augen von dem Machthaber ausgeführt wurden, welchem er seine Dienste lieh und dessen Sache er verfocht. (Vgl. Toeche, K. Heinrich VI. S.452). Dann erinnern wir an die Gewalttätigkeit, mit welcher Lupold bei der zwiespältigen Wahl gegen Siegfried in Mainz und Bingen auftrat; und weisen namentlich auf seinen Kriegszug gegen den Landgrafen Hermann von Thüringen hin. (S. unten Nr. 11.)

Im Angesicht dieser tatsächlichen Vorgänge, an welchen Lupold den hervorragendsten Anteil nahm, dürfen wir uns nicht wundern, wenn wir über den Bischof von Worms Urteile vernehmen, wie sich deren bei Caesarius Heisterbacensis im Dialogus (ed. Strange) Dist. II, Cap. 9 finden. Derselbe sagt: In Wormatia ante paucos annos quidam episoopus fuit, Domine Lupoldus, solo quidem nomine episcopus, opere autem tyrannus. Hic cum esset vanissimus, nil in se habens pietatis, nil religiositatis. Dicebat ei quodam tempore germanus suus, vir nobilis: domine episcope, multum scandalizatis nos laicos vestro exemplo. Antequam assetis episcopus, aliquid Deum timebatis, modo nil prorsus de illo curatis. Cui ille respondit: Frater, duo vicini erant, ex quibus unus exemplo alterius peccavit. Mortui sunt ambo et deducti in infernum. Cum essent in tormentis, unus alteri dicebat: vae tibi, quia tuo exemplo peccavi, provocatus ad peccatum merui hunc locum. Cui alter, bone vicine, si placet tibi amplius sedes mea, trade mihi illam, ut ego dabo tibi meam. Sic dico vobis frater: Quando venerimus ad inferos, si videbitur vobis sedes mea honorabilior. ascendite eam et ego recipiam vestram. Respondit me: mala consolatio haec. Iste Ludolphus ita diabolicus erat, ut tempore schismatis, quod erat inter duos reges Ottonem scilicet et Philippum, cum sibi usurpasset episcopatum Moguntinensem eiusdem Philippi auctoritate, et multis interesset bellis, non parceret ecclesiis, non cimiteriis. Et cum ei milites sui dicerent: Domine, non licet nobis spoliare cimiteria; respondit : Si ossa mortuorum tollitis, tunc primum cimiteria spoliatis. Qui cum esset privatus ab officio et beneficio ab Innocentio Papa propter invasionem iam dicti Episcopatus, auxilio Philippi fretus collecto exercitu, profectus est in Italiam ipsum papam debellare. Quem etiam in diversis locis, quod dictu horribile est, ardentibus candelis excommunicavit. Postea vero in odium imperatoris Ottonis officio et beneficio restitutus est. Vir iste saepe et valde, ut iam dictum est, cecidit; nescio utrum surrexit in fine per contritionem. Hoc scio, quod legatio, in qua hominem deposuit, multae dissensionis seminarium fuit.

In den heftigen Kämpfen zwischen Papst und Kaiser suchten die feindlichen Parteien auch aus der Poesie Waffen zu schmieden und es scheint die politische Dichtung viel mehr entfaltet und wohl auch von größerer Bedeutung gewesen zu sein, als man gemeinlich annimmt*).

*) Hierüber hat neuerdings Wilmann, Leben und Dichten Walther's von der Vogelweide. (Bonn 1882) eben so gründlich als lichtvoll gehandelt, indem er die politische Poesie des größten Lyrikers des Mittelalters nicht nur in ästhetischer und literarhistorischer Beziehung untersuchte und nach Gebühr verwertete, sondern dieselbe auch unter Bezugnahme auf die weltbewegenden Entwickelungen seiner Zeit beleuchtete und deren Einfluss ihrem ganzen Umfang nach würdigte. »Durch das Schwert eines Gesanges hatte Walther, der arme, unbegüterte Ritter, sich eine Stellung im deutschen Reich erobert, die kein Sänger neben und nach ihm wieder eingenommen hat. Unter drei Königen und Kaisern hat er an den öffentlichen Angelegenheiten Theil genommen; seine Bedeutung und sein Einfluss war mit den Jahren gewachsen ... Es ist ganz merkwürdig, wie dieser Mann alles Kleine und Einzelne verschmähte, ... sein Blick ist auf die wichtigsten und grossartigsten Bewegungen der Zeit gerichtet: den Kampf zwischen Papst und Kaiser und auf den Kreuzzug.« So wurde der Kampf Lupolds gegen den Papst »in einigen alten Versen« von ungewisser Herkunft behandelt, welche also lauten:

Bellicus Antistes pugnace cohorte Lupoldus,
Imbelli movit bella cruenta Papae:
Auxilio fretus regis quandoque Philippi;
Qui lupus ante fuit, denique factus ovis
.
(Falckenstein, Thüring. Chronika. II, 551.)

In Picks Monatschrift für rhein.-westf. Gesch. IV, 336 flgde teilt Ed. Winkelmann aus einem MS. der Universitätsbibliothek zu Cambridge Bd. XI, 78 ein Gedicht mit, welches gleich mehreren anderen der bezeichneten Handschrift aller Wahrscheinlichkeit nach in das 3. oder 4. Dezennium des 13. Jahrhunderts gehört, wie der Herausgeber in überzeugender Weise dartut. Der Dichter entwirft ein überaus trübes Bild von dem Leben und Treiben des Klerus in Deutschland überhaupt und widmet insbesondere Worms die beiden letzten Strophen. Dieselben lauten:

Propter tot improperia
Factum dampnantes proprium,  Ducuntur penitentia
Treveris et Moguncia.
Sed allegat Wormacia
Statuti privilegium;
Repagulantur ostia,
Nulli patet hospicium
Petenti necessaria.

Videns ergo perniciem
Fundator urbis variam,
Nec meram cleri faciem,
Sed pictam superficiem,
Wangionumque rabiem,
Cuius per avariciam
Gignit vorago maciem,
Recte dixit Wormaciam
Quasi vermium aciem.

Wenn nun Winkelmann a. a. O. die Frage aufwirft: »Ist es nun ein Zufall, dass der Dichter seiner giftigen Stimmung besonders in Bezug auf Worms freien Lauf lässt?«, so glauben wir antworten zu müssen: keineswegs. Vielmehr hat der Unwille, welcher sich im Gewand der Poesie über schlimme Verhältnisse in Worms kundgibt, ganz wohl seine Berechtigung in der eines kirchlichen Oberhirten unwürdigen Aufführung Lupolds (Vergl. Annales Reinhardsbr. in: Thüringische Geschichtsquellen. I, 94.) und es scheint uns daher Grund genug zur Annahme vorhanden zu sein, dass die GeißeI, welche der Dichter schwingt, den Wormser Bischof mit so wuchtigen Schlägen trifft.

Ein interessantes Stück der im Anfang des 13. Jahrhunderts kultivierten »politischen Lyrik« wurde neuerdings von Rieger in: Mittheilungen des Instituts für österreichische Geschichtsforschung. I, 126 publiziert und wir glauben demselben auch hier eine Stelle einräumen zu dürfen.

Rex et sacerdos prefuit
Christus utroque gladio,
Regnum in ipso floruit
Coniunctum sacerdotio.
Utile dulci miscuit
Sed sub figura latuit
Huius iunctare ratio

Otho quid ad te pertinet
Que te rapit presumptio
Celsa? Jam casus imminet,
Jam vioina subversio
Que reprobum exterminet;
Ut Saulum eliminet,
David fiet inunotio.

Exclamat Innocentius
»Ledor quem feci baculo,
Conversus in me gladius
Cuius cingebar capulo;
Vas est collisum figulo, Fortior ille vasculo
Franget ergo fragilius.«

Quellenansicht

Keine

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Zitierhinweis:

BW, RggEbMz 32a Nr. 001a, in: Die Regesten der Mainzer Erzbischöfe, URI: http://www.ingrossaturbuecher.de/id/source/21669 (Zugriff am 20.04.2024)