Böhmer/Will, Regesten (706-1288)

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BW, RggEbMz 18 Nr. 001a

Datierung: April 1011 - 17. August 1021

Quelle

Ohne Aussteller, Empfänger und Empfangsort

Archiv: Böhmer/Will, Regesten

Weitere Überlieferung:

Böhmer/Will, Regesten S. XLIII-XLVI

Inhalt

Kopfregest:

Einleitende Bemerkungen Böhmers und Wills zu Erzbischof Erkenbald.

Vollregest:

In Erkenbald sehen wir zum siebtenmale einen Abt, beziehungsweise Mönch von Fulda auf den Stuhl der kirchlichen Metropole des deutschen Reiches gelangen. Die Salbung desselben vollzog Bischof Bernward von Hildesheim, zu welchem er in verwandschaftlichem verhältniss stand. (Qui .. insuper ordinatorem suum consanguinitate etiam sibi propinquum. Vita Bernw. in: MGH SS 4, 778).

So wenig aber die Abstammung Bernwards feststeht (Einige nennen ihn einen Grafen von Sommerschenburg. S. Lüntzel, G. d. Diöcese und Stadt Hildesheim. I, 132 note 1. Dagegen: Gehle, De S. Bernwardi, ep. Hildesh. vita et rebus gestis. 2. und Papst, K. Heinrich II. Bd II, 3 u. 307, welcher den Irrthum gewiss mit recht auf eine falsche Interpretation des Pfalzgrafen Adalbero in Thangmar's Vita Bernwardi: "Ortus cepitur egregiae indolis puer Bernwardus claro nostrae gentis sanguine ex filia Athalberonis palatini comitis." MGH SS 4, 758. zurückführt), ebenso wenig ist diejenige Erkenbalds zu ergründen. Doch kann es keinem Zweifel unterliegen, dass er von hoher Herkunft war und schon als Abt bei dem Kaiser in grossem Ansehen stand. Denn als Kaiser Heinrich II. im Sommer 1002 bei Worms den Rhein überschritt, fanden sich in seiner Umgebung 2 Erzbischöfe, 7 Bischöfe und der einzige Abt Erkenbald von Fulda. (Adalboldi Vita Heinrici II, in: MGH SS 4, 685). Und als es sich im Jahre 1003 um die Bestrafung Heinrich's von Schweinfurt, des Markgrafen vom Nordgau, handelte, erhielten Bischof Heinrich von Wirzburg und Abt Erkenbald von Fulda den Auftrag, die Burg Schweinfurt durch Brand zu zerstören. Zwar vollführten sie diesen Befehl nicht ganz, aber sie rissen doch die Befestigungen und Mauern nieder. (ThietmariChron. in: MGH SS 3, 801). Die politische Rolle also, welche der Kaiser dem Abt von Fulda zutheilte, lässt sich wohl als einen Hinweis auf die wichtige Stellung deuten, für welche jener sichere Aussicht hatte, denn nach dem bestehenden Privileg oder wenigstens Herkommen bezüglich der Besetzung des erzbischöflichen Stuhles von Mainz mit einem Mönch von Fulda nach dem Tode je des dritten Erzbischofs war bei der nächsten Vacanz die Candidatur Erkenbald's als gesichert oder selbstverständlich zu betrachten. Auch nach seiner Erwählung zum Erzbischof blieb Erkenbald procurator(abt) des klosters Fulda. Die urkunde von 1011 Juni 14 (S. unten Nr. 2) beginnt: "Ego Erkenbaldus Dei gratia sancte Mogontinae sedis aeus Fuldensis autem procurator adhuc licet indignus" etc. und die stelle der Ann. Quedl. (S. unten Nr. 1) "patrio nomine retento et pastoralis culminis honore recepto," scheint auch jenes verhältniss anzudeuten, was übrigens gar nichts auffallendes hat, da ja mehrere von Erkenbald's vorgängern auf dem erzbischöflichen stuhl von Mainz auch im vollen besitz von Abteien blieben oder solche erst erwarben, nachdem sie den erzbischöflichen stuhl bestiegen hatten. (Vergl. oben die einleitungen zu Haistulf, Otgar, Liutbert und Hatto I, dann Neller, De postulatione praelatorum. in: Schmidt, Thes. jur. eccl. II, 745.) In bezug auf unsern fall sagt Schannat, Hist. Fuld. 135: "Archiepiscopatum simul cum monasterio retinere cogitavit [Erkanbaldus]; erat enim mos ille tunc non infrequens in abbatibus regularibus ad episcopalem dignitatem assumptis." Es ist daher nicht nur "möglich", dass Erkenbald eine weile daran gedacht hat, Abtei und Erzstift in seiner hand zu vereinigen - wie es bei Hirsch-Pabst, K. Heinrich II. Bd II, 307 heisst - sondern es ist dies zweifellos als thatsache anzusehen. Ueber die aus diesem verhältniss entstandenen misshelligkeiten s. Schannat a. a. o. Gelegentlich sei hier bemerkt, dass wie "procurator" in der citierten urkunde für "abbas" steht, so auch "provisor" in der nämlichen bedeutung gebraucht wurde. Dies ist z. b. der fall in einer urkunde (1016-1023) in der Kindlinger'schen Sammlnng. Bd 131 S. 157, in welcher Gerberd von St. Alban bei Mainz zuerst mit "provisor" und bald nachher mit "abbas" bezeichnet wird. In der eben angezogenen urkunde Erkenbald's von 1011 Juni 14 bezeichnet der Erzbischof den advocatus des klosters Fulda, einen Grafen Lando, zweimal als sohn ("dilecti filii mei" und "filius meus"), wodurch Hirsch a. a. o. 306 zu der bemerkung veranlasst wird: "Was den erkorenen Mann selbst betrifft, so hatte er ohne Zweifel vor seiner Conversion im Ehestande gelebt. Es bezeichnet ihn, dass er den Sohn, zu dem er sich vor aller Welt bekennen konnte - Graf Lando ist sein Name - zum Schirmvoigt der Abtei erhoben hatte, und dass er es sein letztes Geschäft für dieselbe sein liess, zu besserer Gewähr der Stellung des Sohnes und zu möglichster Bewahrung desselben vor jedem Conflict mit benachbarten Obrigkeiten über die Grenzen des Voigteibezirks in aller Form Erhebungen zu machen und deren Resultat auf das Genaueste aufzuzeichnen." Diese auffassung der beziehung Erkenbald's als leiblichen vaters zu Lando als leiblichem sohn ist jedenfalls verfehlt. Selbst auf die gefahr hin, einen kaum als controvers anzusehenden punkt etwas zu ausführlich zu behandeln, will ich doch zwei sehr instructive stellen citieren: Abt Guibert von Gemblours, welcher beichtvater in dem St. Rupertskloster bei Bingen gewesen war, schreibt nämlich an den Erzbischof Philipp von Cöln: "Taceo, quae mecum binguiae gesseritis; quomodo, commendante me paternitati vestrae venerabili filiavestra, matre mea hildegarde, dilatato corde diligendum me susceperitis." (Dahl, Die heil. Hildegardis. 29.) - Was aber würde von Erzbischof Bardo zu halten sein, wenn die ihn als Abt der klöster Werden und Hersfeld betreffende stelle der Vita Bardonis in Jaffé, Mon. Mog. 538: "Unde, acsi monogamus paupertate premeretur, digamus subito factus est, tradita ei a rege Herveldia, pastoris sui morte viduata." in bezug auf "monogamus" und "digamus" ein missverständniss gestattete? Schon i. j. 1002 finden wir Erkenbald unter den geistlichen würdenträgern, die für Heinrich II partei genommen hatten (Erant autem cum duce Heinrico viri illustres et sapientissimi, aeus Mog. etc. abbas Vuldensis etc. Adalboldi Vita Heinrici in: MGH SS 4, 685.), und im folgenden jahre erhielt er den oben berührten auftrag, die burg Schweinfurt zu zerstören. (Misit [rex] tunc Heinricum, Wirz. episc. et Erkanbaldum, Fuldensis coenobii abbatem, ut Suinvordi castellum incenderent atque diruerent. Thietmari Chron. in: MGH SS 3, 801.) (Vergl. Stein, Monum. Suinfort. hist. 3, 34 u. 430). Seiner politischen parteistellung nach blieb Erkenbald allezeit ein treuer anhänger k. Heinrichs und man erkennt z. b. aus seiner mission an den Herzog Boleslav, dass ihm jener vertrauen in staatsmännischen dingen schenkte. Wie sehr er auf kirchliche zucht hielt, zeigt sein einschreiten im kloster Fulda (nr. 10) und die strenge, mit welcher er gegen Otto von Hammerstein vorging. (S. unten nr. 31). Immerhin muss er als eine "friedfertige natur" angesehen werden, wie ihn Giesebrecht bezeichnet. Als besonders denkwürdig bemerken wir, dass Erkenbald wohl auch literarisch thätig gewesen ist, denn in einem verzeichniss der bücher des Bischofs Embrico von Augsburg (1064-1077) werden "Sermones Erchanbaldi arch." aufgeführt. Vergl. Ruland,Gesch. Nachricht über d. ehem. Domstiftsbiblioth. zu Augsburg. in: Steichele, Archiv f. G. d. Bisthums Augsburg. I, 14; Wattenbach, Deutschls Gqq. (3. Aufl.) II, 80, wo auch note 3 gesagt wird: "Als Abt lieh Erchanbald dem Bischof Heinrich von Würzburg (995-1018) ein sehr schönes Sakramentar, welches jetzt in Vercelli ist." Blume, Iter Ital. I, 99. - Ueber das fragliche Sakramentarium handelten ausführlich Neigebaur im Serapeum XVIII, 183 und Ruland im Serapeum XX, 281 flgde. Zu dieser literarischen neigung Erkenbald's würde es ganz wohl stimmen, dass der Magister Gerald von St. Gallen ihm das gedicht Ekkehard's I "Waltharius von Aquitanien." dedicierte. (Vergl. unten Nr. 36). Es bestehen übrigens getheilte ansichten darüber, ob der Erchenbaldus, welchem das gedicht gewidmet wurde, der Bischof v. Strassburg (965-991) oder der Erzbischof v. Mainz (1011-1021) sei. Für den ersteren entschieden sich Uhland u. J. Grimm, für den andern Peiper. Gegen diesen vertrat Pannenborg, der recensent desselben in den Götting. gel. Anz. 1873 S. 1122, wieder die frühere ansicht und zu dieser bekennen sich auch W. Meyr in den Sitzungsber. d. k. bayer. Akad. 1873. (Philol. Bemerkungen zu Waltharius) und Scheffel und Holder, Waltharius. Lateinisches Gedicht des zehnten Jahrhunderts. Nach der handschriftlichen Ueberlieferung berichtigt, mit deutscher Uebersetzung und Erläuterungen. S. 134. Dahingegen bemerkt Wattenbach, Deutschland's Gqq. (3. Aufl.) I, 290, Note 4: "Der Erchembald, welchem Gerald den Waltharius überreichte, ist aber als summus pontifex wohl sicher Erzbischof von Mainz gewesen." (Vergl. die recension von Varrentrapp in Sybel's histor. Ztsch. XXXII, 370. Note 1.) Diese ansicht bestreitet nun wieder neuestens Bresslau in d. Jahrbb. d. deutsch. Reichs unter Heinrich II. Bd III, 231, Note, indem er sich gegen Peiper wendet und darthut, dass "summus pontifex" als ein blosses epitheton ornans ebensowohl auf den Strassburger Bischof, wie auf den Mainzer Erzbischof passe. Uns will es wahrscheinlich vorkommen, dass die widmung an den mainzer Erzbischof erfolgte, und zwar deshalb, weil man aus der berufung Ekkehard's IV nach Mainz durch Erzbischof Aribo (1021-1031) die nahen beziehungen zwischen St. Gallen u. Mainz erkennt und besonders weil durch den an Ekkehard IV ertheilten auftrag des mainzer Erzbischofs, das gedicht auf Waltharius zu verbessern, das grösste interesse an demselben auf seiten Aribo's bekundet wird. Lässt sich diese vorliebe des Erzbischofs für den Waltharius nun auch aus mancherlei umständen herleiten und erklären, so liegt es doch nicht allzufern, dieselbe gewissermassen als ein erbe von Erchanbald, Aribo's vorgänger, zu betrachten, dessen name in der dedication genannt und verherrlicht wird. - Zum beweise, wie sorgfältig das enge freundschaftsverhältniss zwischen der mainzer kirche und dem Kloster St. Gallen von den frühesten zeiten an gepflegt wurde, führe ich aus der urkunde Erzbischof Konrad's I von 1188, wodurch er die confraternität mit jenem kloster erneuerte, folgende stelle an: "Relatione antiquissimorum fratrum nostrorum percepimus, hanc consuetudinem inter fratres sancte Moguntine ecclesie, ac inter cenobitas S. Galli hactenus extitisse, quatenus perpetue fraternitatis vinculo coniuncti, orationibus, que tam pro vivis quam pro mortuis utroque celebrantur, communicarent; Si forte aliquem ex fratribus nostris, pro aliqua honesta causa in predicto loco adesse contingeret, plenarie unius fratris prebendam reciperet; et eodem iure quilibet ex fratribus vestris, ecclesiam nostram adiens, similem caritatem inveniret." Guden, C. d.I, 290. Was nun die bezeichnung "summus pontifex" an und für sich betrifft, so lässt zich dieselbe wohl nicht als ein "epitheton ornans" betrachten, sondern es entspricht dieselbe dem Primatus Moguntinae sedis, der wie an vielen stellen, so namentlich von Lambertus Hersfeld. ad a. 1054 und ad a. 1073 betont wird. In den acten der mainzer synode vom jahre 1071 heisst es von Mainz: "Metropolis orientalis Franciae et principalis pontificii sedes totius Germaniae et Galliae cisalpinae." (Acta synodus Mog. 1071 bei Eccard, Corp. hist. II, 112 flgde); Hartzheim, III, 153; Hefele, Concilieng. IV, 822. Auch Du Cange belehrt ausdrücklich: "Pontifices vel sacerdotes summi, nuncupati non raro praecipuarum sedium archiepiscopi." Von entscheidendem gewicht sind aber die stellen bei Widukind: "Cumque ei offeretur unctio cum diademate a summo pontifice, qui eo tempore Herigerus erat, non sprevit." (MGH SS 3, 429); "Eo quippe tempore erat summus pontifex nomine Hildiberthus .. deinde summi pontificatus Mogontiacae sedis fastigium promeruisset." (l. c. 437); "Summus pontifex [Fridericus] missus ad Evurhardum" etc. l. c. 445; "Fuerunt autem quidam, qui summum pontificem Frithericum hoc non pure sed ficte fecisse arbitrati sunt." l. c. 448; ".. quapropter summus pontifex [Fridericus] revocatus .. suscepit regem Mogontiae, ibi ei aliquamdiu ministrans." l. c. 453; "multas ac graves causas summo pontifici [Friderico] obiciebat." [rex] l. c. 453; "Summus pontifex interea ... officio pontificali amisso" etc. l. c. 455; "Postremum pontifex summus rationem redditurus intravit." l. c. 456; "Finem summi pontificis qui interfuere satis laudabilem praedicant." l. c. 457; "Eo tempore .. summus pontifex Wilhelmus .. regebat Francorum imperium." (l. c. 465.) Alle diese stellen beziehen sich auf das erzbisthum, resp. die Erzbischöfe von Mainz; bei der nennung der namen Hildiberthus und Wilhelmus hält es Widukind nicht einmal für nöthig, zu summus pontifex noch "Moguntinus" beizufügen, sondern der ausdruck "summus pontifex" erscheint ihm genügend zur bezeichnung des "mainzer" Erzbischofs. Ueber das siegel Erkenbald's vergl. Würdtwein, N. subs. I. Einleitung. S. XX. flgde und die abbildung tafel II. Aus der neueren literatur ist besonders zu erwähnen: Harry Bresslau, Jahrbb. d. deutschen R. unter Heinrich II. Bd III. Leipzig 1864. (Recensiert v. V. Beyer in Göttinger gelehrte Anzeigen. 1875. Bd II.)

Anmerkungen: [1] Erkenbold, Erckenbold, Erenbold, Erkenbald, Erkaenbald, Erchenbald, Erchembald, Erwebald, Erkanbald, Erbenwald, Ercanbald, Erkanbold, Erchanbolt, Erchanbald, Erkaenbald, Ercambald, Ercambold, Erchanbild, Erchambald, Erkinbald, Erchinbald, Erchinbold, Erchipaldus, Erkonbold, Ercumbald, Erckenband, Herbenbald, Herchambald, Hermbald, Herimbold, Herchinbald, Harconbald, Wirkenwald, Arkanbold, Arkanbald, Arckenbod.

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Keine

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BW, RggEbMz 18 Nr. 001a, in: Die Regesten der Mainzer Erzbischöfe, URI: http://www.ingrossaturbuecher.de/id/source/21655 (Zugriff am 28.03.2024)