Böhmer/Will, Regesten (706-1288)

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BW, RggEbMz 14 Nr. 001a

Datierung: 17. Dezember 954 - 2. März 968

Quelle

Ohne Aussteller, Empfänger und Empfangsort

Archiv: Böhmer/Will, Regesten

Weitere Überlieferung:

Böhmer/Will, Regesten S. XXXIV-XXXV

Inhalt

Kopfregest:

Einleitende Bemerkungen Böhmers und Wills zu Erzbischof Wilhelm.

Vollregest:

Erzbischof Wilhelm war ein natürlicher Sohn K. Ottos I., den er mit einer, vielleicht gefangenen, vornehmen Wendin erzeugt hatte, bevor er mit Editha verheiratet war. (Thietmari Chron. in: MGH SS 3, 754. und Widukind in: MGH SS 3, 465. Vergl. (Köpke)-Dümmler, Gesch. K. Otto d. Gr. 8.) Geboren wurde Wilhelm i. j. 929 (Ea tempestate Ottoni, filio eiusdem regis, natus est filius, Willihelmus. Contin. Regin. in: MGH SS 1, 616.), so dass er bei seiner Erhebung auf den wichtigsten Bischofssitz in Deutschland erst 25 Jahre zählte. Wo und von wem er erzogen wurde, das ist nirgends überliefert. Doch legt seine vorzügliche geistige Bildung, verbunden mit einem ausgeprägten kirchlichen Sinn, die Vermutung nahe, dass er in einem durch eifrige Pflege der Wissenschaft ausgezeichneten Kloster Unterricht und Erziehung erhalten habe.

Seine Erhebung auf den Mainzer Stuhl war gewiss nur das Werk seines Vaters und Wilhelms eigenes Wort cum consensu cleri et populi .. sum electus entspricht jedenfalls der Wirklichkeit besser, als das a populo et clero .. electus bei dem Contin. Regin. Schon die Umstände, unter denen die Wahl erfolgte, und namentlich der Ort derselben, nämlich Arnstadt in Thüringen, lässt den entschiedensten Einfluss des Königs auf die Erwählung Wilhelms vermuten, die eigentlich mehr eine unter der Zustimmung des Clerus und Volkes erfolgte königliche Ernennung war. Mit der Art der Erhebung Wilhelms auf den Mainzer Stuhl hängt vielleicht auch die später entstandene Tradition zusammen, dass K. Otto seinem Sohn Wilhelm Hessen und Thüringen als Eigentum übertragen habe. (Vergl. Knochenhauer, Geschichte Thüringens. 81 u. 82.)

Unter den gleichzeitigen Autoren spendet ihm vorzüglich Ruotger in der Vita Brunonis (MGH SS 4, 269) das größte Lob: Archiepiscopum Treveris Heinricum ... Wilhelmum quoque, praecluis et gratissimae excellentiae archimandritam, nepotem suum, Fritherici Mogontiani antistitis successorem, ambos egregios, ambos in Domini lege perfecte instructos, imperatori alterum consanguinitate, alterum probitate, utrumque familiaritate conjunctissimos, ipse quoque inprimis summa veneratione colebat. [Bruno, aeus Colon.] Hos igitur tales tam illustres, tam certe sapientes et religiosos et in omnibus bonis artibus eruditos viros ad consilium, ne forte ipse per se, ut sunt humana, a tramite veritatis uspiam exorbitaret, frequenter adhibuit; hos cum ipso simul non solum in lectione consilio et disputatione, set etiam in acie vidimus, providentes bona non tantum coram Deo, set etiam coram hominibus. Widukind (MGH SS 3, 465) rühmt ihn als summus pontifex Wilhelmus, vir sapiens et prudens, pius et cunctis affabilis.

Unter den neueren urteilt Giesebrecht (Kaiserg. I, 412. 3. Aufl.) über ihn: ..»trotz seiner Jugend fühlte er ganz die Pflichten, die ihm als Nachfolger des Bonifazius oblagen, und liess sich selbst durch die Rücksichten auf seinen mächtigen Vater nicht an der Erfüllung seines Berufs verhindern.« Dies letztere zeigte sich besonders in dem beharrlichen Widerstand, welchen er den Absichten Ottos bezüglich der Gründung des Erzbistums Magdeburg entgegensetzte. Mit aller Energie wahrte er seine Rechte und scheute sich nicht, die Fäden zu zerreißen, welche der König hinter seinem Rücken mit dem Papst in jener Angelegenheit geknüpft hatte. (Köpke) Dümmler, Kaiser Otto d. Gr. 439 spricht die Vermutung aus, dass Wilhelm den Widerstand wahrscheinlich nicht bis zuletzt festhielt; außer den hiefür beigebrachten Gründen weist auch der Umstand darauf hin, dass der Erzbischof stets in der Gunst des Kaisers blieb und seinen Einfluss auf die Reichsgeschäfte nie verlor. (Vergl. Waitz, Verfassungsgeschichte. VI, 216 u. 219; Hindorf, Bruno I, Erzbischof von Cöln. 20.). So sehr wusste K. Otto dessen Dienste zu schätzen, soviel Ansehen gewann derselbe durch die Ehrenhaftigkeit seines Charakters!

Hier dürfen wir nicht unerwähnt lassen, dass seit dem Tod Erzbischof Brunos von Köln die Erzkanzlerwürde für ganz Deutschland im ausschliesslichen Besitz der Mainzer Metropoliten verblieb. (Vergl. Dümmler, Otto der Grosse. 403 und 543.) Wenn Petrus Damiani Opuscula XXXIV, c. VII, p. 646 (Lugduni 1623) erzählt: Quem [Ottonem regem] filius eius almificus, qui Mog. praesidebat pastor ecclesie, coepit constanter arguere et scelestum luridumque conjugium publice condemnare. Pater autem vehementer iratus, eum comprehendi praecepit, et carcerali mox custodiae mancipavit; quem per annale circiter spatium carcer inclusit, sed a correctione linguam terroris vinculum non ligavit. Cum vero pater eum quadragesimali decurrente jejunio, de custodia decrevisset educere, antequam psalterium expleret, quod aureis exarabat apicibus, recusavit exire. Verum tamen cum exivit, zelo sacerdotalis accensus auctoritatis, non quievit, sed mox in patrem jaculum publicae excommunicationis intorsit, so muss man erwägen, dass dies Worte eines bekannten eifrigen Sittenrichters sind, dem es aber auf historische Strenge zuweilen nicht ankommen mochte, und dessen Bericht namentlich in dem vorliegenden Fall wohl keinen Anspruch auf Glaubhaftigkeit erheben kann.

Neben seiner hohen staatsmännischen Befähigung besaß Wilhelm auch eine umfassende Gelehrsamkeit und er war die Seele des literarischen Kreises am königlichen Hof. Hierfür fehlt es nicht an unverkennbaren Anzeichen. Hrotsuit von Gandersheim übergab ihm i. J. 968 das Carmen de gestis Oddonis I imperatoris; die demselben vorausgeschickte Anrede an Gerberga, die Äbtissin von Gandersheim, schließt: Vestro autem vestrique familiarissimi, cui hanc rusticitatem sanxistis praesentatum iri, scilicet archipraesulis Wilhelmi, iudicio, quoquomodo factum sit, aestimandum relinquo. MGH SS 4, 317. Vergl. Köpke, Hrotsuit von Gandersheim. 87 u. 91, welcher dem Erzbischof Wilhelm einen Anteil an den gesta Oddonis zuweist und bemerkt: »Durch seine Direktion wird ein Buch dieser Art erklärlich.« Neuerdings hat Köpke (Widukind von Corvey S. 52) in bezug auf die Res gestae Saxonicae die Vermutung ausgesprochen, dass Widukind den Stoff für seine historische Darstellung durch Erzbischof Wilhelm von Mainz erhalten habe und dieser sei »Beschützer, Auftraggeber, Förderer und Censor« für Widukind gewesen. Waitz bemerkt hiezu in den Gött. Gel. Anz. 1867 Nr. 36 »etwas zu künstlich oder wenigstens nicht als sicher begründet erscheint mir, was speciell über die Beziehungen zu Wilhelm von Mainz, über den Einfluss dieses Mannes auf die Abfassung des Werkes überhaupt und eine wiederholte Umarbeitung desselben ausgeführt wird.« Und Maurenbrecher urteilt (Sybel's Hist. Ztschr. XVIII, 437.) über Köpkes obige Behauptung: »Das ist durchaus nicht unwahrscheinlich, aber doch auch nicht sicher erwiesen: es würde immer nur den Wert einer ansprechenden Hypothese haben können ... möglich, vielleicht wahrscheinlich ist die Beziehung zwischen Wilhelm und Widukind -aber nicht erwiesen und, soviel ich das übersehe, unerweisbar.« Wenn Würdtwein, Dipl. Mog. II, 147 von der Auffindung einer Münze des Erzbischofs Wilhelm redet, so dürften wir es mit einem Gebilde der Phantasie zu tun haben, da sonst nirgends von einer solchen Münze die Rede ist.

Außer den bei Erzbischof Friedrich aufgeführten Jahrbüchern des deutschen Reichs müssen wir Joh. Fr. Feller's Abhandlung von d. Erzb. v. Maynz, Wilhelm, des K. Ottonis natürlichem Sohn. (in dessen Allerhand hist. Anmerkungen bei Buder, Sammlg ungedr. Schriften u. Urkk. 270 flde); Leibnitz, Orig. Guelf. IV, 461 flgde; Köpke, Widukind von Corvey. Berlin. 1867 und eine Monographie von P. R. Mittermüller, Erzbischof Wilhelm von Mainz. (Katholik. 1868. I, 563 flgde) verzeichnen.

Namensvarianten: Wilhelmus, Willehelmus, Willehemmus, Willehalmus, Willelmus, Willihelmus, Willielmus, Vullihelmus, Vuillihelmus, Guillelmus.

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Keine

Metadaten

Personenindex

Zitierhinweis:

BW, RggEbMz 14 Nr. 001a, in: Die Regesten der Mainzer Erzbischöfe, URI: http://www.ingrossaturbuecher.de/id/source/21650 (Zugriff am 29.03.2024)