Vigener - Erzbischofsregesten (1354-1374)

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Vigener, RggEbMz Nr. 0632

Datierung: 18. August 1356

Quelle

Aussteller:

Empfänger:

Archiv: Vigener, Regesten

Weitere Überlieferung:

  • Vigener, Regesten mit Verweis auf: Or. Perg.: München, Reichsarchiv (Mainz, Domkapitel fasc. 110). Das Sekret Gerlachs an Pressel, in der Mitte des Umbugs. Das Kapitelsiegel ist nicht angehängt worden, weil diese Ausfertigung für das Kapitel bestimmt war. - Verz.: v. Freyberg, Regesta Boica 8, 357; [v. Stramberg,] Rheinischer Antiquarius II 20, 762; Weidenbach, Regesta Bingiensia 29 Nr. 302; A. Schulte, Gesch. des mittelalterl. Handels 1, 300.

Geographische Bezüge:

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Inhalt

Kopfregest:

Erzbischof Gerlach nimmt einige Lombarden, Kaufleute von Asti, in sein Geleite und seinen Schutz.

Vollregest:

Erzbischof Gerlach nimmt seine Familiaren Franz Bernhardus von Pomerio, Jakob und Martin von Broglio (Bruleo), Lombarden, Kaufleute von Asti, mit ihren Brüdern, leiblichen Erben, Genossen, ihrem Gesinde und all ihrem Gut für sein ganzes Land und Machtgebiet nach Beratung mit dem Dekan Rudolf, dem Kustos Reinhard und dem ganzen Domkapitel auf 10 Jahre in sein Geleite und seinen Schutz; doch können die anderen, derzeit in Bingen wohnenden Lombarden, nämlich Bernhard Ottinus, Johan von Montafia (-efia) d. Ä., Heinrich Fiola d. Ä. und Leo Ottini dort in gleicher Weise unter seinem Schutz bleiben.

Sie sollen in seiner Stadt Bingen wohnen. Sie dürfen verkaufen und kaufen, mit Geld jeder Art Wechselgeschäfte und Handel treiben - nur nicht öffentlichen Wucher üben oder Tische zu diesem Zwecke öffentlich halten - und in allen ihren Geschäften die ihnen genehme Münze gebrauchen.

Nichts von ihrem Gute soll er beschlagnahmen oder fordern, es handle sich denn um solche schwere Vergehen, deren Beurteilung ihm allein zusteht. Für das, was sie in vergangener Zeit begangen haben, können sie nicht zur Verantwortung gezogen werden. Vergeht sich einer von ihnen irgendwie (Totschlag allein ausgenommen), so soll der Erzbischof nur den Schuldigen selbst belangen und dieser soll ihm, wenn ein geringeres Vergehen in Frage steht, nach dem Urteil der Schöffen des Platzes, wo er gefehlt hat, Genugtuung leisten.

Für das, was sie außerhalb seines Gebietes tun, will er sie nicht zur Verantwortung ziehen. Wenn einer ihrer Diener sich in ihrem Dienst oder ihrer Gesellschaft vergeht (forefaceret) und die Meister ihm darüber klagen, so soll die Aussage eines der Meister, Brüder oder Genossen ohne weitere Beweise gelten, wenn nicht durch drei glaubwürdige Leute das Gegenteil bezeugt wird, und die Lombarden selbst sollen nicht belangt werden.

Wenn einer ihrer Diener ohne ihr Wissen Geld ausleiht auf die ihnen erlaubten Waren, so will er nichts von ihnen fordern. Wenn einer ihrer Diener sie schädigt und den Schaden wieder gut machen will, so können sie das annehmen, ohne vom Erzbischof behindert zu werden. Wenn gestohlenes oder unrecht erworbenes Gut in ihren Häusern hinterlegt wird, so soll er nichts von ihnen fordern noch sind sie gehalten, es zurückzugeben, ehe sie nicht das, was ihnen von diesen Gütern zukommt, erhalten haben, vorausgesetzt, dass sie den, der es verpfändet oder hinterlegt hat, nennen; dabei genügt ihre einfache Aussage, es sei denn, dass durch drei glaubwürdige Zeugen das Gegenteil erwiesen wird.

Wenn sie Güter über Jahr und Tag in Pfandschaft haben, so dürfen sie sie verkaufen und zu ihrem Nutzen verwenden, wenn die Güter vorher gerichtlich und mit Wissen der Gläubiger ausgeboten worden sind; auch hier ist ihr Wort Beweis, wie vorher. Er will sie in der Einziehung ihrer Ausstände, die sie urkundlich belegen können, unterstützen; die Zahlung an sie hat in dem Gelde zu geschehen, das bei ihrem Handel gebräuchlich ist, und als Beweis für die Zahlungen müssen die Schuldner Quittungen der Schöffen des Platzes, wo die Schuldverschreibung geschehen ist, vorlegen. Sie können unter sich und mit anderen Kaufleuten Geschäfte treiben, doch genießen sie, wenn sie von anderen (als den in dieser Urk. genannten) kaufen, keinerlei Freiheiten.

Was sie an Kauf-, Verkauf- oder Wechselgeschäften vor den erzb. Schöffen oder bei einem öffentlichen Notar (tabellio) vollziehen, will er anerkennen, so dass die Erwerber der Güter sich gleicher Freiheiten wie die Lombarden erfreuen. Er will ihren Schuldnern keinen Aufschub für Zahlung der Schulden geben noch irgendwie diese Schulden an sich nehmen. Er will sie zu keinem Geschenk oder Versprechen nötigen und nichts, was sie an diesen Freiheiten schädigen könnte, geschehen lassen. Wenn Lombarden, ihre Genossen , Gesinde oder Güter außerhalb des mainz. Gebietes aufgehalten werden, so soll er auf Verlangen nach Kräften für ihre Freilassung sorgen und, wenn nötig, von den Gütern derer, die sie gefangen halten, soviel beschlagnahmen, dass sie frei und ungeschädigt sein werden.

Andere Kaufleute, es seien italische oder Lombarden, die gleiche Handelsgeschäfte treiben, will er in Bingen nicht dulden, ausgenommen die vier oben Genannten mit den Ihrigen. Wenn einer von ihnen stirbt, soll ihm das kirchliche Begräbnis nicht vorenthalten werden; seine Hinterlassenschaft bleibt seinen nächsten Erben (nach ihrem heimatlichen Brauch und Recht), ohne dass der Erzbischof Ansprüche hätte. Wenn sie eine Person oder Güter anhalten lassen, so soll ihnen vor jedem anderen ihre Schuldforderungen, soweit sie diese urkundlich haben, bezahlt werden. Andere Lombarden, die mit ihnen verbunden sind, haben Geleit in allen Landen des Erzbischofs auch dann, wenn er mit dem Herren, unter dem sie sitzen, Krieg hat.

Die Lombarden dürfen jederzeit von ihm wegziehen, wenn sie nur den dann fälligen Zins bezahlt haben. Wollen sie erst mit Ablauf der 10 Jahre weggehen, so sollen sie ein Jahr zuvor ihre Ausstände einfordern und sonstige Geschäfte erledigen; nach Ablauf der Zeit werden sie bis an die Grenzen seines Gebietes, wohin sie wollen, geleitet.

Forderungen gegen sie sind nur gültig, wenn die Schuldverschreibung vor den Schöffen des Platzes, wo die Forderung erhoben wird, geschehen ist oder sonst für den Erzbischof sicher feststeht. Er will nicht gestatten, dass sie in seinem Lande wegen irgendeiner Sache zum gerichtlichen Zweikampf genötigt werden (in duellum trahi), sie vielmehr in ihrem Frieden beschirmen. Durch keinen Erlass irgendeiner ihm gleichen oder untergeordneten Person, sie sei geistlich oder weltlich,[a] will er sich bestimmen lassen, sie irgendwie zu belästigen oder anderen solches zu gestatten; als getreuer Herr will er sie vielmehr schützen. Für diese Freiheiten haben sie ihm jährlich zu Martini 150 kleine Flor. Gulden zu zahlen. Hält er seine Versprechungen nicht, so wird er ihnen auf ihre Vorstellung hin die Verluste ersetzen, die sie dadurch etwa erleiden werden. Er befiehlt allen seinen Beamten und Untergebenen‚ geistlichen und weltlichen, die Einhaltung dieser Bestimmungen und bittet geistliche und weltliche Herren, sie gleichfalls einzuhalten. Er verzichtet auf alle Rechtsmittel gegen diese Urkunde.

Das Domkapitel siegelt zum Zeichen seiner Zustimmung mit.

- D. die decima octava mensis Augusti 1356.

Quellenkommentar:

Der Text stimmt im wesentlichen mit dem der bei Schunk, Beiträge z. Mainz. Gesch. l, 75-88 gedruckten Urk. Gerlachs v. 1363 Nov. 10 (s. dort) überein, doch folgt S. 77 Z. 8 nach mercari: dum tamen publicam usuram non exerceant seu mensas vel tabulas ad hoc faciendum publice non teneant, S. 79 letzte Zeile nach »competerit«: dum tamen obligantem vel possentem ostenderint, S. 83 Z. 3 nach antedicto: exceptis Bernhardo Ottino usw. (vgl. d. Regest) und Z. 9f. heißt es nur: non denegetur ecclesiastica sepultura, S. 82 Z. l1 wohl versehentlich »additiones«. - Der Druck Schunks ist sehr nachlässig. Ich gebe wegen der Übereinstimmung beider Urkunden gleich hier die notwendigen Berichtigungen: 78 letzte Zeile lies »per gwerras« statt »Pingwenas«, 79 Z. 7 »credendum« statt »tradendus«, 80 Z. 15 v. u. und 11 v. u. »potestatibus« statt »partibus«, 8 v. u. »immunitatem» statt »veritatem«, 7 v. n. »denariis« statt »demum«, 81 Z. 11 lies: »conscriptum«, Z. 16 v. u »coram« statt »»eorum«, 82 Z. 13-16 lies: »aut familia res vel bona arrestarentur postquam [p. ist zu tilgen oder venerunt einzufügen] extra terram et opidum predictum sive occuparentur vel caperentur, nos debemus ...«, 83 Z. 1 nach »facientes« fehlt: de bonis denariis et rebus, Z. 8 lies »tali« statt »ei«, Z. 10 »ecclesiastica« statt »et etiam«, Z. 18 nach »familia« fehlt: ipsorum arrestare fecaeret personam aliquam seu bona aliqua, 84 Z 14 v. u. fehlt nach »expedire«: et post hoc elapsis dictis quindecim annis ipsos mercatores fratres socios et heredes vel familiam eorum cum bonis et rebus ipsorum ad finem terre nostre, ubi voluerint, conduci liberaliter faciemus, 86 Z. 15 v. u. fehlt nach »seculares«: de terra et opido nostris predictis, sicut hic sunt conscripta, mandamus et precipimus inviolabiliter custodiri rogantes et requirentes ecclesiasticos et seculares ..., 86 Z. 14 v. u. fehlt nach »sicut«: sunt superius, 87 Z. 2 lies "appellationum" Z. 5 epistole dire, Z. 10 fehlt nach »possit«: contra premissa seu aliquod premissorum quibus omnibus renunciamus in quantum ..., Z. 16 lies »de ipso« statt »scriptura«.

Fußnotenapparat:

[a] Es ist bezeichnend, dass dass hier nicht auch von päpstlichen und kaiserlichen Geboten gesprochen wird, wie es geschieht in dem nahe verwandten Schutzbrief des Herzogs Wilhelm von Jülich v. 1361 Sept. 1, reg; A. Schulte, Gesch. des mittelalterl. Handels 2, 292 Z. 28.

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Vigener, RggEbMz Nr. 0632, in: Die Regesten der Mainzer Erzbischöfe, URI: http://www.ingrossaturbuecher.de/id/source/6918 (Zugriff am 28.03.2024)