Vigener - Erzbischofsregesten (1354-1374)

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Vigener, RggEbMz Nr. 0100

Datierung: 22. März 1354

Quelle

Aussteller:

Archiv: Vigener, Regesten

Weitere Überlieferung:

  • Vigener, Regesten mit Verweis auf: Eingeschaltet in Synodalstatuten Gerlachs [von 1354 vor Juni 16],[a] Kop. des 15. Jhs.: Bodmann-Habelsches Archiv I 33 fol. 68v-70. - Die Urkunde ist unter Abänderung eines kleinen Teiles 1355 erneuert und den Synodalstatuten dieses Jahres beigefügt worden; diese Erneuerung habe ich in den Beiträgen zur hess. Kirchengesch. 2 (1905), 321-324 abgedruckt.[b]

Geographische Bezüge:

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Inhalt

Kopfregest:

Erzbischof Gerlach von Mainz verkündet Prozessvorschriften für die Geistlichkeit.

Vollregest:

Erzbischof Gerlach von Mainz an die Archidiakonen und anderen Prälaten, die Offizialen, Erzpriester und Kämmerer und alle Rektoren von Kirchen und Kapellen in Stadt und Diözese Mainz:

Es ist ihm zu Ohren gekommen, dass einige Barone, Grafen, Herren, Ritter, Edle und Unedle sich zu solch tyrannischer Grausamkeit versteigen, dass sie den Plebanen und Rektoren der Kirchen und andern Klerikern unter Androhung des Verlustes von Leib und Gut und anderen schweren Strafen verbieten, von den Boten der geistlichen Richter Vorladungs-, Exkommunikations- oder andere richterliche Erlasse (judiciales et jurium literas) anderswo anzunehmen als vor allem Volke auf der Kanzel (coram hominibus in ambone vel cancellaria), was zu dem Zwecke geschieht, dass die Boten erkannt und ergriffen werden können; sie haben dann von jenen Herren oder deren Offizialen Schimpfworte, manchmal auch Schläge, manchmal sogar Gefangenschaft und Tod zu erleiden und werden offen ihrer Habe beraubt, so dass in dieser grausamen Weise die Ausführung der Vorladungs- oder sonstigen Briefe verhindert wird, ehe es nur feststeht, ob die in diesen Briefen berührten Sachen vor das geistliche oder weltliche Gericht gehören.

Um dem abzuhelfen, bestimmt der Erzbischof: Wenn ein Laie einen andern Laien durch Ladung vor das geistliche Gericht zu ziehen beabsichtigt, so ist vor allem diese Vorladung pflichtmäßig zu vollziehen. Dann soll der geistliche Richter auf dem den Parteien angesetzten Termin die Beschaffenheit der Sache untersuchen und, wenn er findet, dass sie das Sachenrecht oder Immobilien angeht oder dass der Kläger über Eigentnm klagt oder in irgend einem Zivilprozesse (actione civili) irgendwelche Beweise nicht hat beibringen können, so sollen die Parteien auf Verlangen des Beklagten unverzüglich den zuständigen Richter gewiesen und der Kläger zur Tragung der gesetzlichen Kosten verurteilt werden.

Wer aber [so] einen Besitzstandsprozess oder irgend einen Personal- oder Zivilprozess führen will, soll nicht (wie es ein übliche Brauch der Laien ist) den Schultheiß und die Schöffen zu zeugen nehmen - sofern er an dem Ort, an den er zurückverwiesen zu werden wünscht, andere geeignete und gesetzmäßige Beweismittel hat -, damit er nicht eine Todsünde auf sich lade, wenn die Wahrheit verborgen bleiht und der Beklagte fremdes Gut zum Schaden des Klägers behält, was zu verhindern Sache des erzbischöflichen Hirtenamtes ist Wenn der Beklagte vor dem weltlichen Richter dieselben Beweismittel beibehalten will, die er vor dem geistlichen Gericht von Rechts wegen verwenden würde, und darauf halten will, dass die weltlichen Richter die Zeugen des Klägers zwingen oder zwingen lassen zur vollkommenen Aussage über den Rechtsstreit, so soll er auf sein Verlangen an einen weltlichen Richter gewiesen werden, um dort dem Kläger zu Recht zu stehen. Sollten aber die weltlichen Richter sich diesem Verlangen des Beklagten versagen, so soll, damit die Beklagten nicht die Möglichkeit haben, Güter des Klägers zurückzubehalten, die Sache in dem geistlichen Gericht nach Recht vorgenommen und die darüber erwirkten Briefe der geistlichen Richter ohne weiteres vollzogen werden, ohne dass dem irgendwelche gegenteilige Gewohnheiten oder Privilegien entgegenstehen sollen; denn man kann nicht wohl annehmen, ein Fürst habe hiergegen Privilegien geben oder eine Gewohnheit eingeführt wissen wollen, die dem gemeinen Recht zuwiderläuft - etwa, dass Verhandlungen aus dem Sachenrechte (in actionibus realibus) nicht vor das geistliche Gericht gebracht werden, da es in solchen Dingen besser sei, die Sache, um die es sich handelt, vor die Augen zu halten, und dass nach altbewährter Gewohnheit die Auflassung (resignacio) der Immobilien vor Schultheiß und Schöffen des Ortes, wo die Sachen liegen, geschehen, damit man sich nicht auf Beweismangel (probationis defectus) berufen könne, auch dass da, wo der Kläger keine Beweise hat, dem Kläger zuliebe gestattet werden könne, dass der Beklagte seine Unschuld eidlich erhärten müsse (innocenciam debeat expurgare) - auch sind solche Gewohnheiten, die, wie oben gesagt, zu Todsünden führen, und solche Privilegien eher zu unterdrücken als zu befolgen. In Sachen von Klerikern, die sich durch Kleid oder Tonsur als Kleriker erweisen, mögen sie klagen oder beklagt sein, von Witwen und Elenden (miserabilium personarum) soll das getan werden, was bisher nach Brauch der römischen Kurie und gemäß der Gewohnheit der geistlichen Richter des betreffenden Gebietes beobachtet worden ist.

Den Adressaten aber befiehlt Erzbischof Gerlach von Mainz unter Androhung der Suspension und Exkommunikation: Die unter ihnen, die durch Machthaber an der Ausführung der Briefe geistlicher Richter bislang behindert worden sind oder künftig gehindert werden, sollen, sei es dass sie bedroht werden oder abgehalten, die Briefe anders als auf der Kanzel (in ambone) anzunehmen, bei Strafe sofortiger Exkommunikation zum mindesten die Kleriker in den zwei zunächst liegenden Landkapiteln ihres Propstes (per sedem vel sedes archipresbiterales duas adminus proximiores vestri prepositi) an einen Platz berufen. Diesen allen soll dort dieser Erlass verkündet werden, und die Versammelten haben ihn jenen Bedrängern mitzuteilen; leisten diese keine Genugtuung, so sollen, falls es sich um weltliche Herren mit eigener Gerichtsbarkeit (domini temporales iurisdictionem secularem habentes), deren Untergebene oder Beamten (officiati) handelt, auf die Ankündigung der Bedräugten hin alle Kleriker des Gebietes dieser Herren den Gottesdienst einstellen, bis Widerruf und Genugtuung geleistet wird; handelt es sich um Leute ohne Gerichtsbarkeit (simplex persona iurisdictionem secularem non habens), so sind sie der Exkommunikation verfallen und sollen jeden Sonn- und Feiertag als exkommuniziert verkündet werden, bis sie Genugtuung geleistet haben. Dabei bleiben die von Gerlachs Vorgängern dafür bestimmten Strafen des gemeinen Rechts und des Provinzialstatutes in Kraft.

Um zu verhindern, dass die Adressaten unter Berufung auf ihre Furcht es unterlassen, diese Verordnung den Mächtigeren zu verkünden, bestimmt der Erzbischof, dass Sachverlust oder Furcht um das Leben (metus corporis) nicht durch bloßen Eid bewiesen werden kann, sondern vor ihm oder seinen Richtern durch genügende und gesetzliche Beweismittel (probationes validas et legales) zu erhärteu ist, damit er, wenn der volle Beweis geliefert ist, gegen solche Gewalt mit anderen geeigneten Mitteln einschreiten kann.

- Datum 1354 XI. kal. Apr.

Fußnotenapparat:

[a] Siehe das Regest zun Schlussdes Jahres 1354. - Borlmann, Rheingauische Altertümer 2, 845, der einige Sätze aus diesen Statuten mitteilt, hat das Datum des Erlasses vom 22. März fälschlich als das der Statuten angesehen. Die Synode kann schon darum nicht an diesem Tage stattgefunden haben, weil Erzbischof Gerlach von Mainz vom 17. bis zum 28. März in Metz war.
[b] Von S. 323 Z. 18 (nach "quod") bis S. 324 Z. 12 (... premissum) hat der neue Erlass nicht den Wortlaut des alten übernommen.

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Keine

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Zitierhinweis:

Vigener, RggEbMz Nr. 0100, in: Die Regesten der Mainzer Erzbischöfe, URI: http://www.ingrossaturbuecher.de/id/source/5525 (Zugriff am 25.04.2024)