Otto - Erzbischofsregesten (1328-1353)

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Otto, RggEbMz Nr. 3716d

Datierung: 1328/1337-1346

Quelle

Ohne Aussteller, Empfänger und Empfangsort

Archiv: Otto, Regesten

Weitere Überlieferung:

  • Otto, Regesten mit Verweis auf: Siehe nebenstehenden Text.

Inhalt

Kopfregest:

Heinrich von Virneburg.

Vollregest:

Über das Geschlecht der Grafen von Virneburg, in dessen Geschichte das 14. Jahrhundert »die Glanzzeit darstellt«, handelt ausführlich Kisky (Regesten der Erzbischöfe von Köln 4 [1915]) in der Einleitung zu Erzbischof Heinrich II. von Köln (1306-1332)[01]. Dessen Neffe, ein Sohn seines Bruders Ruprecht. ist unser Heinrich (1328-1353). H.s Vater Ruprecht zählte bereits im Jahre 1308 zu den Toten[02]; die Mutter Kunigunde - ihren Familiennamen erfahren wir nicht - wird noch 1319 als lebend erwahnt [03].

Die zahlreichen geistlichen Verwandten, insbesondere Erzbischof Heinrich von Köln [seit 22. Januar 1306], wiesen Heinrich v. V. in die geistliche Laufbahn, in der er mit dessen Hilfe rasch vorankam. Noch in jungen Jahren (in minori constitutus etate), geraume Zeit vor 1312 (olim), war er bereits im Besitze der Pfarreien Asbach in der Kölner- und Welling[04] in der Trierer Diözese, und er hat diese, jedenfalls über das Jahr 1312 hinaus, behalten, ohne sich zum Priester weihen zu lassen[05]; ja er hat sogar (vor dem 18. April 1313) noch eine dritte Pfarrei, zu Lohne, hinzugenommen[06]. Heinrich von Virneburg ist außerdem, mindestens seit 1308, im Besitze der Propstei zu Soest, mit der seelsorgerliche Verpflichtungen verbunden sind, und er hat im Laufe der Jahre (diversis temporibus) bepfründete Kanonikate in Köln, Trier[07] und Bonn erworben; auch erscheint er im Jahre 1312 als providiert mit der Scholasterie zu St. Gereon in Köln, die ihm damals allerdings von einem Mitbewerber streitig gemacht wurde[08]. Trotz alledem reservierte ihm P. Clemens V. am 21. Juni 1312 im Kölner Dom oder an irgend einer anderen Kirche der Stadt oder Diözese Köln eine gehobene Stelle (dignitatem seu personatum vel officium cum cura vel sine cura)[09]; und da nun der Papst gleichzeitig den EB. von Köln ermächtigte, bestimmte Benefizien, auch Dignitäten und Personate, in Stadt und Diözese Köln im Namen des Papstes zu vergeben[10], so wäre es immerhin denkbar, dass in der Urkunde des EB.s Heinrich vom 30. Juni 1313[11] nicht, wie Kisky annimmt, der Name »Heinrich von Virneburg« für »Gerhard« verschrieben ist, sondern der Erzbischof tatsächlich in der Zeit vom 21. Juni 1312 bis zum 30. Juni 1313 seinen Neffen Heinrich, wenn auch nur vorübergehend, zum Domscholaster ernannt hat[12]. Seit 1313 erscheint dieser sodann als Propst von St. Cassius in Bonn[13]. Als solcher hat er in den Jahren 1315 und 1316 den abwesenden erzbischöflichen Onkel vertreten, indem er sich bald als dessen »Stellvertreter in geistlichen und weltlichen Dingen«, bald nur »in geistlichen Dingen«, bald als dessen Generalvikar bezeichnet[14]. Im September 1328 hat er die Vermittlung übernommen in dem Streite des EB.s mit der Stadt Köln[15].

Zweimal hat unser Heinrich von Virneburg sich Irregularität zugezogen; das erste Mal dadurch, dass er pro defensione iurium Coloniensis ecclesie - geraume Zeit vor 1312 (olim) - bewaffnet an zwei Kämpfen (conflictibus) teilgenommen hatte, ohne jedoch jemanden zu töten oder zu verwunden[16], das zweite Mal dadurch, dass er die Pfarreien Asbach und Welling, ohne sich zum Priester weihen zu lassen, über die zulässige Frist hinaus in der Hand behielt[17]. P. Clemens V. hat am 21. Juni 1312 diesen doppelten Makel von ihm genommen (omnem ambitionis, infamie seu irregularitatis notam forsan ... obortam). Johannes XXII. hat am 18. September 1328 auf Heinrichs Bitte den Freispruch seines Vorgangers inbezug auf die Teilnahme an einigen Kämpfen (aliquibus), wie es diesmal bemerkenswerterweise heißt, (in quibus vulnera atque cedes hominum perpetrata fuerunt, licet in eisdem conflictibus seu cedibus nullum interfecisse te asseras seu etiam mutilasse), erneuert (cum ... ob hoc dubites irregularitatis et inhabilitatis maculas incurrisse, nos ... omnem irregularitatem, si quam ob premissa vel aliquod premissorum quomodolibet contraxisti, ... penitus abolemus)[18].

Wegen des unkanonischen Genusses seiner Benefizien hatte ihn Johannes XXII. schon am 30. Juni 1328 rehabilitiert (omnis irregularitatis, inhabilitatis et infamie maculas sive notas ... abolemus teque plene habilitamus et in integrum restituimus)[19]. Aus den hierher gehörigen Urkunden erfahren wir, dass zu den frühereren Pfründen inzwischen noch ein Kanonikat und sogar die Propstei von St. Aposteln in Köln hinzugekommen waren[20]. Da H. gegen die Constitution »Execrabilis« verstoßen und infolgedessen seines Anspruchs auf die Propsteien verlustig gegangen war, so bestimmte Johannes, dass ihm die 3 Propsteien von Bonn, Soest und St. Aposteln in Köln von neuem übertragen würden (commendare curetis); die Pfarrei Asbach solle er aufgeben (dimittere teneatur)[21]. Über die Bonner Propstei und die zugehörigen Obedienzen hat P. Johannes schon im Oktober 1328 zu Gunsten des Propstes von St. Severin, Heidenreich von Essen, verfügt, (quas Henricus electus Maguntinus nunc obtinet queque in proximo vacare sperantur per Henrici consecrationem); doch hat Heidenreich sie niemals erlangt[22]. P. Johannes hat sie dann später seinem Notar mag. Bernardus Stephani übertragen[23]; aber er musste zu seinem Leidwesen, wie er am 3. Februar 1332 klagt, erfahren, dass Heinrich von Virneburg sich weigerte, sie herauszugeben[24]. Über die Propsteien von Soest und St. Aposteln hat der Papst erst im Jahre 1338 verfügt[25].

Der Erhebung H.s zum Erzbischof von Mainz hat der Onkel in Köln sicherlich vorgearbeitet. In seinem Sinne wird Graf Ruprecht II., der Neffe des Kölners, Bruder des Mainzers, tätig gewesen sein, der am 24. August 1326 als Gesandter seines Onkels (zusammen mit Herzog Albrecht, dem Bruder Friedrichs des Schönen, und Graf Hugo von Buchegg, dem Abgesandten des Mainzer EB.s,) in Avignon erwartet wurde[26], den wir auch im Januar 1327 dort antreffen[27] und der vor dem 11. November 1328 von dort nach Deutschland zurückgekehrt ist[28]. Der Brief, den der Erzbischof von Köln nach dem Tode des EB.s Mathias von Mainz (gest. 9. Sept. 1328) an den Papst gerichtet hat [29], jedenfalls um für seinen Neffen zu werben[30], traf in Avignon erst ein, nachdem die Provision H.s schon erfolgt war. Der Papst hatte diese beschleunigt, da er in Deutschland eine Neuwahl betrieb und dafür auf die Mitwirkung eines ihm ergebenen Mainzer EB.s angewiesen war[31].

Durchaus unerwünscht war die Erhebung Heinrichs von Virneburg den beiden Luxemburgern, Baldewin von Trier und König Johann von Böhmen. Sie sahen in den beiden Virneburgern von Köln und Mainz, den Parteigängern Friedrichs des Schönen, ihre geschworenen Feinde. Daher ihre Bemühungen, ne persona tam execrabilis, nulli sciens servare fidem nec de ea servanda sufficienter cavere, ipsorum capitalis et notorius inimicus, ... tam potentis ecclesie ipsis vicine solium ... possideret; ... nam provisus, so äußert sich Baldewins Notar Rudolf Losse in seiner Denkschrift vom Jahre 1336 [s. Reg. 3682], et d. quondam H. archiepiscopus Coloniensis astricti et colligati fuerunt cum d. quondam Friderico duce Austrie et eius fratribus ... , regis et archiepiscopi capitalibus et notoriis eciam hodie (1336) inimicis[32]. Anscheinend hatten sich deswegen die beiden Luxemburger an den König von Frankreich gewandt und hatte dieser, allerdings ohne Erfolg, den Papst gebeten, auf die Wünsche und Befürchtungen insbesondere des Böhmenkönigs Rücksicht zu nehmen[33].

Heinrich von Virneburg hatte außer dem wiederholt genannten Graf Ruprecht II. noch zwei Brüder: Johann, zunächst (mindestens seit 1314) Propst von Kerpen, sodann (spätestens seit 1328) von Xanten; und Gerhard, Archidiakon von Trier (schon 1308), und (etwa seit 1313) Domscholaster von Koln[34]. Erwähnt werden ferner zwei Schwestern: Mechtild, vermählt am 1. August 1308 dem Grafen Otto von Kleve, schon 1311 verwitwet; und Elisabeth, seit 1314 vermählt mit Herzog Heinrich von Österreich[35]. Sie war es vermutlich, die in dem Vertrage des Grafen Heinrich von Luxemburg (Heinrichs VII.) mit dem Erzbischof Heinrich von Köln vom 20. September 1308[36] als Braut für Heinrichs (des Luxemburgers) Bruder Walram in Aussicht genommen war. Eine merkwürdige Fügung, dass an die Stelle der damals beabsichtigten verwandschaftlichen Beziehungen später bittere Feindschaft trat[37], Zu beachten ist, dass Heinrich v. V. später als Erzbischof einmal, am 3. Marz 1321, den Eberhard von Tomberg seinen consobrinus [s. auch Reg. 3†758], am 26. März 1332 den Grafen Hermann von Orlamünde seinen consanguineus[38], am 23. Mai 1340 den Grafen Otto von Eberstein seinen patruus, am 21. Mai 1329 den Grafen Friedrich von Leiningen und ebenso den Raugrafen Ruprecht im Jahre 1344 seinen Neffen und den Grafen Wilhelm zu Wied in diesem Jahre seinen Schwager nennt [s. spätere Regesten].

Die ersten 9 Jahre der Regierung Heinrichs von Virneburg behandelte H. Schrohe in der Beilage zum Jahresbericht des Großh. Gymnasiums zu Bensheim, Ostern 1902 (Beitrage zur Geschichte des Erzbischofs Heinrichs III. von Mainz): Der providierte Erzbischof und der postulierte Administrator im Streite um das Stift [1328-1337]). Die ganze Regierungszeit ergreift der entsprechende Abschnitt in der größeren Abhandlung desselben Verfassers: Mainz in seinen Beziehungen zu den deutschen Königen und den Erzbischöfen der Stadt bis zum Untergang der Stadtfreiheit (1462), in Beiträge zur Gesch. der Stadt Mainz 4 (Mainz 1915). »Untersuchungen über die Politik Erzbischof Heinrichs III. von Mainz und seines Kapitels in den Jahren 1337-1346« hat neuerdings G. Uhl veröffentlicht im Archiv für hess. Gesch. und Altertumskunde (N. F. 15, 1. Darmstadt 1926).

Zur Geschichte der Grafschaft Virneburg ist noch hinzuweisen auf O. Kienitz, Die Fürstl. Löwenstein-Wertheimischen Territorien und ihre Entwicklung, im Jahrb. d. Hist. Ver. Alt-Wertheim 1919 S. 55. [Von d. Grab d. Grafen Ruprecht v. V. († 1419) handelt Widder, Beschr. d. Kurf. Pfalz a. Rh. III (1788) S. 127]. (vgl. Otto, Regesten S. 723)

Fußnotenapparat:

[01] S. auch Iwansky, Gesch. der Grafen v. V. (Berliner Diss. 1912) und Möller, Stammtafeln westdeutscher Adelsgeschlechter (1922) S. 28 f.
[02] s. Reg. 3717.
[03] s. Reg. 3753.
[04] Über Welling hatten die Grafen v. V. das Patronat; s. Sauerland in Annalen des hist. Ver. für den Niederrhein 68, 12. Im jahre 1297 hatte es Heinrichs Onkel, der spätere Erzbischof von Köln, clericus et consanguineus (Adolfi regis Romanorum), der sich übrigens damals bei P. Bonifaz VIII. für den Virneburger verwandt hatte, inne (s. Sauerland, Urk. u. Reg. 1, 18 Nr. 39; 19 Nr. 40).
[05] s. Reg. 3729.
[06] s. Reg. 3731.
[07] Ob er freilich identisch ist mit dem Archidiakon von St. Mauritius zu Trier, der in einer vom Rhein. Antiq. III, 3 S. 1 angezogenen Urkunde (s. Schrohe S. 4) erwähnt sein soll, möchte auch ich dahingestellt sein lassen. Die von Kisky, Die Domkapitel der geistlichen Kurfürsten 85 Nr. 316 angezogene Urkunde vom 11. Januar 1324, in der H. als Domherr von Trier begegnen soll, konnte ich nicht finden. Dass er indessen in Trier Präbendat-Kanoniker war, ergibt sich aus Regg. 3729, 3791 und Sauerland, Urk. u. Reg. 2, 229 Nr. 1674.
[08] s. Reg. 3729. Am 10. Februar 1323 (nicht wie Jörres, Urkb. des Stiftes St. Gereon 306 Nr. 298 behauptet, am 3. Febr.) erscheint Rutger von Altendorf als Scholaster; s. Kisky 331 Nr. 1373.
[09] Dies ist aus dem Reg. Nr. 704 von Kisky (Regesten der Erzbischöfe von Köln S. 150) nicht deutlich zu erkennen.
[10] Kisky 150 Nr. 707.
[11] Kisky 162 Nr. 768.
[12] Heinrichs Bruder Gerhard erscheint jedenfalls nicht vor dem 28. September 1313 (s. Kisky 166 Nr. 785) als Domscholaster; vor allem nicht in der Urkunde vom 21. Juni 1312 (Kisky 149 Nr. 703), wo man es erwarten könnte. Vgl. Kisky, Die Domkapitel S. 85.
[13] nach Kisky 196 Nr. 893 der zweiten Kirche in der Erzdiözese Köln.
[14] s. Regg. 3739; 3740; 3742; 3746.
[15[ s. regg. 3758 und 3759. Vgl. dazu insbesondere Schrohe S. 4 f.
[16] s. Reg. 3729.
[17] l. c.
[18] s. Reg. 3796.
[19] s. Reg. 3791, 3792.
[20] Am 16. Nov. 1332 lässt der Erzbischof Heinrich v. V. vor Dekan und Kapitel von St. Aposteln erklären, dass er innerhalb der Immunität pluribus annis eine Kurie bewohne [s. spit. Reg.].
[21] s. Reg. 3792; vgl. damit 3729.
[22] s. Sauerland, Urk. u. Reg. 2, 187 Nr. 1563; 189 Nr. 1568; dazu vgl. man 2, 250 Nr. 1724.
[23] s. Sauerland 2. 424 Nr. 2076.
[24] l. c. 432 Nr. 2094; doch s. Sauerland 2, 460 Nr. 2160 vom 13. April 1333. Vgl. dazu Uhl in Arch. f. hess. Gesch. N. F. 15 (1926) S. 100.
[25] Sauerland 2, 540 Nr. 2318 u. 2319. Über H.'s Trierer Kanonikat hat P. Johannes am 3. März 1329 verfügt (Sauerland 2, 229 Nr. 1674), über dasjenige zu St. Aposteln in Köln am 22. Juli 1338 l. c. 2, 554 Nr. 2342). Die Pfarrei zu Asbach hat H. allem Anscheine nach vor dem 19. Juni 1329 freiwillig aufgegeben (omnino dimisit; s. Sauerland 2, 253 Nr. 1730), Welling vor dem 7. März 1329 (s. Sauerland 2. 232 Nr. 1683).
[26] s. Reg. 2738 und Vogt, EB. Matthias von Mainz S. 54.
[27] s. Schrohe, Erzbischof Heinrich II. S. 3.
[28] s. Kisky. Regesten 430 Nr. 1780.
[29] s. Kisky 429 Nr. 1772.
[30] l. c. 430 Nr. 1780.
[31] Man vgl. besonders Schrohe S. 2.
[32] S. die Denkschrift Losses von 1336 (Stengel, Nova Alamanniae 1, 262 Nr. 422) § 7, § 8.
[33] S. den Brief P. Johanns an König Philipp von Frankreich vom 6. Okt. 1328 (Sauer1and 2, 183 Nr. 1553). Der Brief scheint mir bisher nicht ganz richtig interpretiert worden zu sein.
[34] S. darüber Kisky, Regesten (nach dem Index).
[35] Kisky 66 Nr. 337; 173 Nr. 816 Anm. 3. - Kisky 183 Nr. 849; 185 Nr. 861.
[36] Kisky 75 Nr. 380 § 10.
[37] Möller, Stammtafeln westdeutscher Adelsgeschlechter S. 28 und zugehörige Stammtafel, nennt, zum Teil nach dem Vorgang von Töpfer, Urkb. der Vögte von Hunolstein, noch zwei weitere Schwestern: Ponzetta, gest. vor 1308 als Gemahlin des Johann, Vogt von Hunolstein, und Kunigunde, Gemahlin des im Jahre 1324 verst. Johann von Arkel, diese jedenfalls zu Unrecht.
[38] S. auch Reg. zum 20. März 1331.

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Otto, RggEbMz Nr. 3716d, in: Die Regesten der Mainzer Erzbischöfe, URI: http://www.ingrossaturbuecher.de/id/source/8464 (Zugriff am 29.03.2024)