Böhmer/Will, Regesten (706-1288)

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BW, RggEbMz 13 Nr. 001a

Datierung: 9. Juli 937 bis 25. Oktober 954

Quelle

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Archiv: Böhmer/Will, Regesten

Weitere Überlieferung:

Böhmer/Will, Regesten S. XXXII-XXXIV

Geographische Bezüge:

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Inhalt

Kopfregest:

Einleitende Bemerkungen Böhmers und Wills zu Erzbischof Friedrich von Mainz.

Vollregest:

Es ist in der Tat auffallend, dass bei der hohen politischen Bedeutung Friedrichs an keiner Stelle ein authentisches Wort über ihn aus der Zeit vor seiner Erhebung auf den erzbischöflichen Stuhl berichtet wird. Denn was bei Joannis (Serarius) I, 427 über seine Abstammung aus dem lothringischen Herzogshaus sowie über sein Verhältniss zum Kloster Fulda nach dem MS. min. beigebracht wird, ist mit recht vielfach angefochten worden und entbehrt allen Anspruchs auf Glaubhaftigkeit. (Köpke, Otto I. S. 15 note 4.)

Um so reichlicher fliessen die Quellen über seine Teilnahme an den Weltereignissen, die er zum Teil selbst lenkte, und es fehlt auch nicht an Urteilen von Zeitgenossen über ihn. Widukind (MGH SS 3, 441.) nennt ihn optimus inprimis vir et omni religione probatissimus. Und weiter unten: magnus erat in oratione die noctuque, magnus elemosinarum largitate, praecipuus verbo praedicationis, non silere dignum duximus. Der Continuator Reginonis (MGH SS 1, 623) sagt von ihm: vir in sancta religione strenuus et valde laudabilis, nisi in hoc tantum videbatur reprehensibilis, quod sicubi vel unus regis inimicus emersit, ipse se statim secundum apposuit.
Höchst bemerkenswert ist die Stelle in Ruotgeri Vita Brunonis: Ea tempestate ab imperatore et exercitu eius obsessa est Magontia, urbs nobilis et opulenta. Erat enim referta hostibus et insidiatoribus regni; et ubi vigere solebat sinceritas religionis, illuc maxima confluxit sentina dissensionis. De archiepiscopo loci varius principum aeque et vulgi sermo fuit: alii innocentiam eius in coelum ferre, virtutes praedicare, ea quae passim, et in illis praesertim partibus, per civile malum perperam agebantur, ipsi prae omnibus odiosa dicere; quippe partes eum execrari testabantur, idcirco e medio secedere; minimum curare, cui urbs pateret, cui milites obedirent. Haec fere illorum erat sententia, qui coniuratione impia foederati, eius iugi auxilio et consilio in omnibus se fretos esse iactabant; hoc solo causam suam defendentes, quod nequaquam reproba esse posset, cui talis vir communicare vellet. Alii vero et pene omnes quorum cordibus divina gratia inspiravit, potestatem a Deo ordinatam venerari, imperi, imperatorem omni devotione sequi, tutorem opum, vindicem scelerum, largitorem honorum. Ipsi etiam, quibus domi sua res familiaris, coniuges et liberi curae erant, aut pax et salus sua quomodocumque dulcis extiterat, longe aliter huius viri merita aestimabant. Nos interim haec Dei iudicio relinquamus, et a diverticulo ad propositum redeamus. MGH SS 4 259. (Vergl. Hindorf, Bruno I, Erzbischof v. Cöln. Programm der Realschule zu Ruhrort. 1867.)
In den Ann. Hildesh. und in den Ann. Quedlinb. wird Friedrich gerühmt als vir summae abstinentiae, in religione sancta et doctrina probatus.

Nach diesen Urteilen kann ein Zweifel an dem entschieden kirchlichen Geist des Erzbischofs, den er auch durch manche seiner Taten kund gab, wohl nicht aufkommen, und aus seinem Vorgehen auf dem politischen Gebiet, mag man dasselbe beurteilen wie man immer will, leuchtet eine ungewöhnliche geistige Begabung hervor.

Seine Teilnahme an den Aufständen gegen den König ist in bezug auf Motive u. Zweck nicht leicht aufzuklären; übrigens hat sie durchaus wohl eine zu strenge Beurteilung gefunden, so dass Friedrich bei den neueren (Giesebrecht, Heinemann u. A.) als »schroff, hartnäckig, ränkesüchtig, arglistig«, bei anderen (Vergl. Rommel) als »launenhaft, wankelmüthig« erscheint. Wenn aber Giesebrecht (Kaisergesch. I, 276. 3 Aufl.) apodiktisch von Friedrich behauptet: »Zu einem so schweren Verbrechen (nämlich dem Mordplan gegen K. Otto) bot der erste Bischof des Reiches die Hand.« so müssen wir dem - unter Hinweisung auf Regest Nr. 7 - die milderen Worte Heinemanns (Markgraf Gero. 47.) entgegenhalten: »Selbst der erste Erzbischof des Reiches, Friedrich von Mainz, schon früher in die aufrührerischen Umtriebe gegen Otto verwickelt, soll dem schändlichen Plane nicht fremd gewesen sein.« (particeps videbatur). Ganz unrichtig urteilt wohl Maurenbrecher in seinem Aufsatz über die Kaiserpolitik Ottos I. (Sybel's historische Zeitschrift Bd V, S. 138) über Friedrichs Bestrebungen dem Kaiser gegenüber, wenn er sagt: »er war ein frommer, vortrefflicher Mann, aber ein beständiger Gegner alles dessen, was Otto wollte. Er hat stets den Mittelpunkt aller Opposition gebildet, er ist stets der Freund der Feinde Ottos gewesen.« Wohlbegründet scheint uns der Rat Dierauers (in Büdinger, Untersuchungen zur mittleren Zeit. II, 10) »in unserem Urtheile über Friedrich vorsichtig zu sein«, zumal da wir als Grundzug in der Politik Friedrichs die Rolle des Vermittlers erkannt zu haben glauben, die freilich meist recht undankbar ist und oftmals wider Willen zu Taten treibt, die ursprünglich kaum an und für sich, noch weniger aber in ihren Konsequenzen, in Rechnung gebracht worden waren. Für diese Anschauung sprechen außer den mehrfachen notorischen Vermittelungsversuchen Friedrichs namentlich auch die Worte Widukinds (MGH SS 3, 453): Pactis pristinis pontifex intercessit, tamquam paci et concordiae consulturus; ob id regi fit suspectus, amicis regalibus consiliariisque omnimodis spernendus. De eo nostrum arbitramur nequaquam aliquid temere iudicare; sed quod de eo probamus, quia magnus erat in oratione die noctuque, magnus elemosinarum largitate, praecipuus verbo praedicationis, non silere dignum duximus; caeterum de accusatis causis qui iudicat Dominus est. Für die Annahme Rommels, (Forschungen z. deutschen G. IV, 141.) dass Friedrich in der Rolle des Vermittlers den Vorteil gesucht habe, bei jedem Ausgang sich selbst zu retten und dass er den Grad seiner offenen und verdeckten Sympathien für Ottos Feinde nach dem Stand ihrer Aussichten auf Erfolg bemessen habe, können wir ein weit geringeres Maß moralischer Wahrscheinlichkeit finden, als für die Annahme, dass Friedrich als Kirchenfürst vielleicht in seinem, oder vielmehr der Kirche Interesse zu handeln glaubte, indem er der Machtvergrößerung des Königtums bei jeder Gelegenheit hindernd entgegen zu treten bemüht war. Vielleicht lässt sich in dieser Annahme der Schlüssel zu den Bestrebungen Erzbischof Friedrichs finden, den noch unlängst (Köpke)-Dümmler (Geschichte K. Otto d. Gr. 241) vermisste, da er seine politischen Irrgänge nicht mit seiner den Zeitgenossen ehrwürdigen Persönlichkeit und seinem lebhaften kirchlichen Eifer zusammenreimen zu können glaubte.

Von Spezialgeschichtlichen arbeiten gehören hierher: Kaiser Otto I belagert Mainz. in: Hutter, Hist. Taschenbuch f. d. Vaterland u. seine Freunde. 1790. S. 162-198. Jahrbücher des deutschen Reichs. K. Otto I von R. A. Köpke (936-951.) und W. Dönniges (951-973) 1838-39. und Jahrbücher der deutschen Geschichte. K. Otto d. Grosse. Begonnen von Köpke, vollendet von Dümmler. Leipzig 1876. Vogel,Ratherius v. Verona u. das 10. Jahrhdt. Jena 1854. 2 Bde. Heinemann, Markgraf Gero. Braunschweig 1860. Maurenbrecher, Die Kaiserpolitik Otto I. (Sybel's hist. Ztschrift V, 111-154.) Rommel, Der Aufstand Herzog Ludolf's von Schwaben i. d. Jahren 953 und 954. (Forsch. z. deutschen G. IV, 123 flgde). Karl Landsteiner, Kaiser Otto der Grosse im Kampfe mit den deutschen Herzogen. (Programm des Gymnas. in Krems. 1868.) Dierauer Joh., Ruotger und der Aufstand von 853. in: Büdinger, Untersuchungen zur mittleren Geschichte. II, 8 flgde. (Leipzig 1871.)

Namensvarianten: Fridericus, Frithericus, Friderih, Fridirih, Fridoricus, Friduricus, Frithuricus, Fredericus.

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Keine

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Zitierhinweis:

BW, RggEbMz 13 Nr. 001a, in: Die Regesten der Mainzer Erzbischöfe, URI: http://www.ingrossaturbuecher.de/id/source/21649 (Zugriff am 16.04.2024)