Mainzer Ingrossaturbücher Band 10

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StA Wü, MIB 10 fol. 106

Datierung: 11. März 1383

Quelle

Aussteller:

Ausstellungsorte:

Archiv: Würzburg StaatsA

Weitere Überlieferung:

  • Vgl. RTA Bd. I, S. 367 Nr. 205.

Quellenbeschreibung:

Letze Änderung: 25. Juni 2014

Geographische Bezüge:

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Inhalt

Kopfregest:

Urkunde König Wenzels über den Landfrieden zu Nürnberg.

Vollregest:

Wentzel, Römischer (Romischer) König und König zu Böhmen (Beheim) stiftet zum Nutzen des Reiches Frieden und verkündet eine Einung zwischen Bischof Adolf von Mainz (Mentz), Erzkanzler in Dewschen landen, Erzbischof Friedrich von Köln (Coln), Erzkanzler in Italien, Ruprecht dem Älteren, Pfalzgraf bei Rhein (Reyne), des Heiligen Römischen Reiches oberster Truchsess, Herzog in Bayern (Beyern), Herzog Wenzel von Sachsen, des Heiligen Römischen Reiches Erzmarschall, den Bischöfen Lamprecht zu Bamberg, Gerhard zu Würzburg (Wirtzpurg), Raban von Eichstätt (Eystet), Dietrich von Regensburg (Regenspurg) und Burkhart zu Augsburg (Augspurg), Herzog Leopold (Leupold) zu Österreich, Steiermark (Steyr) und Kärnten (Kernden) usw., den Pfalzgrafen bei Rhein Stephan, Friedrich, Johann und Ruprecht dem Jüngsten, Herzögen in Bayern, Markgraf Wilhelm von Meißen (Meyssen), Burggraf Friedrich von Nürnberg (Nuremberg), dem Grafen Eberhard von Württemberg (Wirtemberg) und mit anderen Reichsfürsten, Grafen, Herren und Getreuen.
Der König gebietet allen derzeitigen und künftigen Mitgliedern dieser Einung gemäß der ihm geleisteten Eide, die nachstehenden Artikel unverbrüchlich einzuhalten.

Jeglicher mort, brant, teglich und nechtlich, und unreht sollen sofort aufhören, Alle Menschen, Kleriker wie Laien, Kaufleute, Fürsten, Grafen, Herren, Städte, Ritter und Knechte sollen sich gegenseitig vor Gewalt und Unrecht schirmen, Übertreter dieses Gebotes an ihrem Tun gehindert werden.
Jeder schedlich manne soll in den Burgen und Landen der Einungsmitglieder weder Frieden noch Geleit finden, noch irgendwo ein Unterkommen finden.
Die Einungsteilnehmer sollen beieinanderbleiben, sich gegenseitig beraten und helfen.[a]

Würde [einer unter den] genannten Fürsten, Grafen oder Herren, ihre Mannen, Burgmannen, Diener, Untertanen oder Städte, die bei ihnen in dieser Einung sind, mit Heeresmacht (hers crafft) besetzt oder überzogen, sollen die Fürsten, Grafen, Herren, Ritter, Knechte oder Städte dieser Einung dabei helfen, jeder mit seiner Macht, dessen Land und die Seinen zu verteidigen (entredden), sobald sie von dem Angegriffenen dazu aufgefordert werden.
Wird einer der Fürsten, Grafen, Herren, Ritter, Knechte oder Städte in frevelhafter Weise rechtswidrig von irgend jemandem angegriffen, sollen alle Fürsten, Grafen, Herren, Ritter, Knecht und Städte dieser Einung, und auch die, die ihr künftig beitreten, sobald sie von dem Angegriffenen dazu aufgefordert werden, noch zur selben Stunden in der Weise helfen, als seien sie selbst angegriffen worden. Wer von den Einungsparteien in einen täglichen Krieg, Überfall oder in eine Besetzung verwickelt wird, darf nach seinem Ermessen die anderen um Hilfe bitten. Die Gemahnten müssen ihm dann behilflich sein. Erkennt der Hilfeleistende, dass weitere Hilfe vonnöten ist, kann er nach seinem Ermessen weitere Einungsparteien um Hilfe ersuchen, die dann verpflichtet sind, mit all ihrer Macht, auf ihre Kosten und ihren Schaden Hilfe zu bringen.

Die Parteien der Einung und die Ihren dürfen sich nicht gegenseitig angreifen oder angreifen lassen zu und von ihren Burgen, Landen und Gebieten. Lediglich Burgfrieden behalten ihre Gültigkeit.

Sollten Fürsten, Grafen, Herren, Ritter, Knechte oder Städte oder ihre geistlichen und weltlichen Untertanen jemanden ohne Recht bedrängten, beschweren oder einer ihrer Räte in ihrem Fürstentum, ihren Herrschaften, Rechten, Landen, Leuten, Freiheiten, Gütern o.ä. sollen die andern nach bestem Vermögen behilflich sein, daz sie da by bliben wie vor- und nachgeschrieben steht.

Entsteht Streit zwischen den Fürsten, Grafen, Herren, Rittern oder Knechten, soll der Kläger einen gemeine(n) man aus der Schar der anderen Fürsten, Grafen oder Herren der Einung nehmen, der sich dann der Sache annehmen soll. Kann der Gewählte wegen ehafftiger noit oder von eren wegen dieses Amt nicht übernehmen, soll der klagende Fürst, Graf oder Herr, so oft das notwendig ist, den Rat eines anderen Fürsten oder Herren an dessen Statt nehmen. Jeder Fürst, Graf oder Herr soll dann zwei schedeliche mane(n) zu diesem Obmann (obirmanne(n)) geben. Der Obmann soll direkt nach seiner Wahl beiden Parteien einen ortsnahen Tag ansetzen und beiden Parteien bekanntgeben. Diese senden zu diesem Tag ihre Ratleute. Das Fünfergremium wird deren Forderungen und Antworten anhören und versuchen, den Streit gütlich beizulegen. Gelingt das nicht, soll das Fünfergremium binnen des nächsten Monats nach dem Schiedstermin auf seinen Eid fruntlich Recht sprechen. Das Urteil, es gilt Mehrheitsentscheid, muss von beiden Seiten befolgt werden. Ausgenommen sind die Reichslehen und Hauslehen des Königs, die von Rechts wegen für König und Reich verteidigt werden müssen.

Entsteht zwischen Mannen, Burgmannen, Dienern, Untertanen und Bürgern der Einingsparteien Streit, sollen die Untertanem oder Bürger des Klägers einen gemeyne(n) man aus der Diener- und Untertanenschaft der anderen [als Obmann] auswählen und jede Partei zwei Ratsmannen dazugeben. Der Obmann bestimmt einen Tag, auf dem die Ratleute Forderung und Verteidigung vorbringen können. Kann der Obmann keine gütliche Einigung herbeiführen, fällt er dann binnen eines Monats einen für beide Parteien verbindlichen Urteilsspruch.

[Die Erzbischöfe] Adolf von Mainz (Mentze), Friedrich (Fryderich) von Köln (Colne) und Kuno (Cune(n)) von Trier (Tryre) sowie die Pfalzgrafen bei Rhein (Ryne) Ruprecht der Ältere, Ruprecht der Jüngere und Ruprecht der Jüngste, Herzöge in Bayern (Bey(er)n), schlichten ihre Streitigkeiten untereinander, gemäß der Satzungen, die sie vor dieser Zeit für ihre Lande untereinander verbrieft und gesetzt haben. Sie sollen ansonsten aber die vorliegende Einung ebenfalls einhalten.

Geraten Mannen, Burgmannen, Diener oder Untertanen der Fürsten, Grafen, Herren, Ritter oder Knechte dieser Einung in Streit mit den Reichsstädten dieser Einung wählt der König nach Aufforderung durch den Kläger einen schydelichen Obmann (obirman). Beide Parteien stellen je zwei Ratleute als Beisitzer. Der Obmann setzt einen gelegelichen Tag an, auf der beiden Seiten ihre Forderungen und Antworten vorbringen können. Gelingt auf diesem Tag keine gütliche Einigung, fällt das Fünfergremium binnen eines Monats auf seinen Eid ein für beide Parteien verbindliches Urteil.

Alle Untertanen, Pfaffen und Laien, der an dieser Einung teilnehmenden Fürsten, Grafen, Herren, Städte, Ritter und Knechte genießen in deren Landen und Gebieten Freizügigkeit und Geleit (fryheiden und geleide). Zuwiderhandlung sollen die benachbarten Herren, aber auch die anderen Einungsteilnehmer unterbinden.

Kommt es zu täglichem Krieg, muss sich jeder von der Partei und Teile dieser Einung selbst wehren. Welcher Fürst, Graf, Herr oder welche Stadt dem Angegriffenen zu Hilfe kommt, dem sollen danach nach Aufforderung die andern Fürsten, Grafen, Herren und Städte seiner Partei nach ihrer Erkenntnis besonders behilflich sein.

Entsteht Krieg wegen dieser Einung, hilft man sich während der Laufzeit dieser Einung gegenseitig, und einigt und sühnt sich danach nicht ohne die anderen, weder heimlich noch öffentlich.

Die Fürsten, Grafen und Herren dieser Einung können jeden Fürsten, Grafen, Herren, Stadt, Ritter und Knecht in die Einung aufnehmen (nach dem als sie iglicher parthie geseßen sin). Diese müssen geloben, schwören und verbriefen, diese Einung stetig und fest zu halten. Die anderen Parteien müssen von der Empfehlung unterrichtet werden, Die neue Partei darf kein Feind einer Einungspartei sein.

Fordern die Fürsten, Grafen, Herren und Städte dieser Einung den König zum Feldzug oder einer Belagerung (umb ein velt oder beseß) auf und der König kommt mit ihnen darüber überein, so soll und will der König ihnen von seinet- und des Reiches wegen einen Hauptmann (heubtman) und diesem sein Banner (banyr) anbefehlen und die auch so besorgen, dass es ihm und dem Reich zur Ehre gereicht. Derselbe ist auch anstelle des Königs und des Reiches Hauptmann der Truppen (volkes) und zwar für die Dauer des Feldzugs und der Belagerung.

Der König beschirmt alle Einungsparteien in ihrem Fürstentum, ihren Herrschaften, Freiheiten und Rechten und ist ihnen gegen alle behilflich, die sie daran zu hindern trachten.

Der König will während der Laufzeit dieser Einung kein anderes Bündnis mit einer Einungspartei eingehen.

Der König will auch, dass jener Landfriede in Kraft bleibt, den er auf Anraten der Kurfürsten und anderen Fürsten früher (vor zyten) geschlossen hat, sofern der nicht gegen Bestimmungen der vorliegenden Einung verstößt.
Der König ist mit den Einungsparteien übereingekommen, dass sie zusammen und einzeln treu zu ihm halten, in seiner Eigenschaft als König und auch als Kaiser, wenn er dazu gekrönt wird, und ihm gegen jedermann behilflich sind, und zwar diesseits der Alpen (hiedyssyt des lamperdissen gebirges) in allen deutschen (dutschen) Landen und im Königreich Böhmen (Beheim), der die Freiheiten, Ehre, Gerichte und Rechte des Heiligen Römischen (romischen) Reiches oder des Königreichs Böhmen schwächen will oder sich gegen den König erhebt. Die königlichen obersten Amtleute werde die Einungsteilnehmer zur Hilfestellung auffordern.

Der König will auch, dass bei allen Kriegen, Heerfahrten und Zügen alle Gotteshäuser, geistliche Personen und ihre Güter Frieden haben sollen.
Zieht man zu Felde, soll man den Höfen und Gütern der "Freunde" keine mutwillige Gewalt und keinen Schaden zufügen, doch darf man sich dort in maßvoller Weise Futter und Nahrungsmittel (futeru(n)ge und […] spise) besorgen.

Die Parteien dieser Einung sind folgende: die erste Partei besteht aus dem Königreich Böhmen (Beheim) mit allem, was an Grafen, Herren und Leuten dazu gehört, der Mark Brandenburg, dem Herzogtum Sachsen (Schaschen) und Lüneburg (Luneburg). Die zweite Partei sind die Erzbischöfe von Mainz (Mentze), Trier (Tr[…]) und Köln (Colne), Herzog Ruprecht der Ältere, Herzog Ruprecht der Jüngere [von der Pfalz], der Landgraf von Hessen und die Markgrafen von Baden. Die dritte Partei besteht aus Herzog Albrecht und Herzog Lup[…] [i.e. Leopold] von Österreich (Osterrich), den Brüdern Stephan, Friedrich (Fryderich) und Johan von Bayern (Bey(er)n), dem Herzog von Lothringen (Lutrynge(n)), den Bischöfen von S[…], Augsburg (Auspurg) und Regensburg (Regenspurg) sowie aus Graf Eberhard (Ebirh(ard)) und Graf Ulrich von Württemberg (Wirtenberg). Die vierte Partei bilden der Bischof von Bamberg (Babenberg), von Würzburg (Wirtzburg), von Eichstätt (Eynstete), Balthasar (Balthaßar) [und] Wilhelm und ihrem "Vetter" Markgrafen zu M[eißen] und Landgrafen zu Thüringen (Duryngen), Herzog Ruprecht (Ruprechte) von Jungesteyl [?] und Friedrich (Fryderich) Burggraf zu Nürnberg (Nurenberg).

Kommen neue Parteien hinzu, sollen sie der ihnen nächst gelegenen Partei zugeordnet werden.

Um diese Einung und ihr Anliegen zu fördern, sollen der König und jede Partei jeweils ein oder zwei Räte jeweils am Sonntag nach Fronfasten [Sonntag nach Invocavit, Sonntag nach Pfingsten, Sonntag nach Kreuzerhöhung] [14. September] und Sonntag nach Lucie [13. Dezember] in einer einvernehmlich zu bestimmenden Stadt zusammenkommen, um über Angelegenheiten der Einung zu reden. Alle Parteien werden vom Ergebnis der Besprechung unterrichtet. Werden voraussichtlich Sachen besprochen, die alle Einungsparteien angehen, schickt jede Partei einen Rat zum Treffen nach Nürnberg (Nurenberg).

Die Einung ist gültig vom kommenden St. Georgentag (23. April) an genau zwei Jahre. Auf Beschlusss der Räte der Fürsten kann die Einung verbessert und ihre Gültigkeit verlängert werden.

König Wenzel (Wentzlauwe), König von Böhmen (Beheim) verspricht, alle Punkte und Artikel dieser Einung zu halten und kündigt sein Königssiegel an. Die genannten Kurfürsten, Fürsten, Grafen und Herren geloben dem König und schwören zu den Heiligen, diese Einung fest und unverbrüchlich einzuhalten. Sie kündigen alle ihre Siegel an.

- Datum Nurenberg nach Cristus geburte 1383 uff die nesten mitwochen nach deme suntage als man singet in der heiligen kirchen Judica, unseres riche des Bemischen in dem zwentzigesten und des Romischen in dem siebenden jaren.

Fußnotenapparat:

[a] Der Anfang der Urkunde fehlt im Ingrossaturbuch. Der gesamte Eintrag ist im Ingrossaturbuch Seite für Seite mit zwei sich kreuzenden Linien durchgestrichen.

Quellenansicht

fol. 106r
fol. 106v
fol. 107r
fol. 107v
fol. 108r
fol. 0e

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Zitierhinweis:

StA Wü, MIB 10 fol. 106, in: Die Regesten der Mainzer Erzbischöfe, URI: http://www.ingrossaturbuecher.de/id/source/2245 (Zugriff am 18.04.2024)