Mainzer Ingrossaturbücher Band 10

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StA Wü, MIB 10 fol. 282

Datierung: 13. März 1385

Quelle

Ohne Aussteller, Empfänger und Empfangsort

Archiv: Würzburg StaatsA

Weitere Überlieferung:

  • Regestensammlung im StAD Best. R 11 A Kurmainzer Regesten Nr. 2 (mit Verweis auf: Spangenberg, Sächsische Chronika 504. - Jung, Comitatus Benthem. 233. - Sudendorf, Urkb. der Herzöge von Braunschweig und Lüneburg VI, 120, Nr. 112. - Friedensburg S. 108. - Uslar-Gleichen, Beiträge zur Familiengeschichte 418, Regest Nr. 345. - Dürre, Reg. Homburg Nr. 355).

Geographische Bezüge:

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Inhalt

Kopfregest:

Erneuerung des Landfriedens in Westfalen.

Vollregest:

[Erneuerung des Landfriedens in Westfalen] [a]

Wir die und die etc. [b] bekennen öffentlich mit dieser Urkunde, dass wir uns für die kommenden zehn Jahre darauf geeinigt und dies beschworen haben, den Frieden, den Karl der Vierte, Römischer (romischer) Kaiser, König in Böhmen (Beheim), früher (vor tzyte(n)) den Herren und Städten in Westfalen gegeben und verbrieft hatte, einzuhalten, zu schützen und zu schirmen.

An Einungen und Frieden, die die Herren und Städte geschlossen haben, ohne dass sie ihnen nicht vom Kaiser gegeben und von den Einungsmitgliedern beschworen wurden, sind letztere nicht gebunden, wenn sie durch diiese Einungen verunrechtet wurden und gegen jene Freiheit und Gewohnheit verstoßen, welche sie von Alters her vom Heiligen Römischen (romische(n)) Reich und anderen Herren besitzen.

Wird ein derzeitiges oder zukünftiges Mitglied dieser Einung wegen des Landfriedens angeklagt und vor Gericht gebracht (anegesprochen und betediget), soll er auf unv(er)zogen gelegeliche Tage reiten, von denen sie mit ihren Freunden uz und heim velig komen mögen. Sie sollen dort alles tun, zu dem sie nach Ausweise der Urkunden des Römischen (romischen) Kaisers und anderer Urkunden und Gesetze, die den vorgeschriebenen Landfrieden betreffen, verpflichtet sind.

Wird ein derzeitiges oder künftiges Mitglied dieser Einung wegen Landfriedensbruch bestraft (verlantfrieden oder verwissen), so wollen die Bündnispartner diesen von diesem Vorwurf entlasten und wie nachfolgend beschrieben handeln.

Sollte ein Einungsmitglied Mitreiter zu einem Gerichtstag benötigen, soll die Partei, die die Sache angeht, die notwendigen Mitreiter stellen. Ist die Angelegenheit so bedeutend, dass man dazu der Hilfe der anderen Parteien bedürfe, sollen diese, wenn die betroffene Partei die Notwendigkeit dazu beweisen kann, entsprechend helfen.

Wird ein Einungsmitglied wegen des Landfriedens gemahnt oder geladen, will aber von ehafftig(er) kuntlicher noit wegen in die Städte, in die er geladen wird, nicht kommen, soll er einen Scheinboten (schynboden) an das Gericht senden, mit seinem offen versiegelten Brief und Schreiben, aus dem auf seinen Eid hervorgeht, dass er bedingt durch eine Notlage der Ladung nicht Folge leisten kann. Ist der Geladene außer Landes oder Gefangener und möchte keinen Scheinboten entsenden, müssen zwei seiner unbescholtenen Freunde den Gerichtstag wahrnehmen und seine Abwesenheit eidlich begründen. Wird dieser deshalb als Landfriedensbrecher verurteilt, wollen die Einungspartner dies nicht anerkennen und dem Verhinderten mit allem ihren Gut und ihrer Macht (myt liebe, myt gude, mit sloß(er)n, myt landen und myt luden) helfen.
Ist ein Einungsmitglied, das wegen des Landfriedens geladen ist, gefangen, bedrängt oder anderweitig verhindert, wollen die anderen Einungspartner, wenn das mehrheitlich beschlossen wird, so lange Feinde derjenigen werden, die dafür verantwortlich sind, bis die Angelegenheit bereinigt ist.

Man hat Übereinkunft darüber erzielt, dass alle Gerichte im Bereich des Gebietes der Einungsmitglieder bei Bedarf sämtlichen Einungsteilnehmer zur Verfügung stehen. Dies gilt auch für sämtliche Burgen, die den Einungsmitgliedern bei Bedarf als Offenhäuser zur Verfügung stehen, solange der Burgbesitzer kein Feind des Öffnungsfordernden ist und die Öffnung ehrenvoll geschehen kann.

Wird ein Herr oder Untertan (arm man), der Mitglied dieser Einung ist, wegen dieser Einung in einen Krieg gezogen, sollen die andern unverzüglich helfen oder Hilfe schicken, wie dies diejenigen mehrheitlich beschließen, die die Einungsmitglieder dazu erwählt haben, Wird ein Einungsteilnehmer wegen dieser Einung belagert (verbuwet oder bestallet), helfen die Verbündeten nach Aufforderung mit ganzer Macht, auf eigene Kosten und nach mehrheitlichem Rat des genannten Ratsgremiums (nach rade der gekorn).

Gewinne werden im Verhältnis der im Felde befindlichen Gewappneten geteilt. Gewonnene Burgen, die einem Einungsteilnehmer gehören, werden dem Eigentümer zurückgegeben, bei gewonnenen Burgen, die von einem Einungsteilnehmer verpfändet sind, wird die Pfandsumme im Verhältnis der im Felde befindlichen Gewappneten geteilt. Eine eroberte Lehnsburg eines Einungsteilnehmers wird dem Eigentümer zurückgegeben, er muss sie aber von den Einungsteilnehmern für eine Geldsumme auslösen, die das Ratsgremium festlegt, und die dann anteilmäßig verteilt wird.

Wird eine Burg eines Einungsmitglieds erobert oder er selbst gefangen, werden die anderen Mitglieder vor Rückgabe der Burg oder Freilassung des Gefangenen keinen Frieden schließen. Die Entscheidung des Ratsgremiums oder entsprechender Gerichtstage bleiben vorbehalten.

Streitigkeiten untereinander werden vom Ratgremium gütlich oder rechtlich verbindlich geschlichtet. Geht die Sache Fürsten, Grafen oder Herren an, können diese Bevollmächtige zu solchen Tagen schicken.

Alle Mannen, Burgmannen, Untertanen, Diener und Knechte sollen sich an diese Einung halten und sie beschwören.

Wird jemand wegen des Landfriedens geladen, bevor er dieser Einung beitritt, hat er keinen Anspruch auf Hilfe. Danach kann er Hilfe erwarten.

Stirbt ein Mitglied des Ratsgremiums, geht außer Landes, wird gefangen oder sonstwie daran gehindert, dem Rat anzugehören, muss der Fürst oder die Partei, die ihn erkoren hat, einen Ersatzmann stellen, der dann auch globen und swere(n) soll. Die Kosten der Gekorenen werden von ihrer Partei getragen.
Weigert sich ein Einungsmitglied, Kriegshilfe zu leisten, weil er dies nicht mit seiner Ehre vereinbaren kann, muss er dies schriftlich oder mündlich beweisen. Wer Hilfe leistete und daz myt sine(n) eyde behalden wolle, der soll vor allen selig sin, die in dieser Einung sind.

Wer wegen des Landfriedens angeklagt wird, und sich vor gelegeliche(n) unv(er)tzoge(n) Gerichtstagen nicht verantworten will, obwohl er dazu nach den Bestimmungen der Landfrieden, die vor dem heutigen Tag beschworen wurden, verpflichtet ist, darf keine Unterstütung aufgrund dieser Einung erwarten.
Die Mitglieder des Ratgremiums müssen ihrer Partei capittel legen und bescheiden. Wer dazu aufgefordert wird, muss in jedem Falle zu dieser Tagungsstätte reiten. Fürsten, Grafen und Herren dürfen einen Bevollmächtigten schicken. Die Mehrheitsentscheidung des Ratgremiums ist bindend. Die Mitglieder des Gremiums können allen Grafen, Herren, Edelknechte oder unbescholtene Leute (biederbelude) sein und sind gleichberechtigt, müssen jeden Tagungsort akzeptieren und sind entscheidungsbefugt.

Alle Einungsmitglieder sollen die Hauptbriefe und die vorstehenden Artikel beschwören, neue fürstliche Mitglieder dürfen nur mit Willen und Wissen der dieser Einung angehörigen Fürsten aufgenommen werden.
Der Erzbischof von Mainz (Mentze), Herzog Otto [von Braunschweig] dürfen jedweden Grafen, Herrn oder Ritter in diese Einung aufnehmen, die diese dann aber beschwören müssen.

Jedes Einungsmitglied zahlt seinem Ratmitglied (gekorn) für Kosten und Zehrung einen Geldbetrag, jeder Fürst zehn Gulden, jeder Graf fünf, jeder Herr drei und jeder Ritter oder Edelknecht einen Gulden, die Städte zahlen ihren Gekorenen so viel, wie diese wünschen. Der Mainzer Erzbischof und die anderen Einungsmitglieder stellen je drei Gekorene. Bestimmen zwei Parteien den selben Gekorenen, hat dieser doppelte Stimme (zweyfelde macht). Ebenso haben die Länder Westfalen, Sachsen (Sachßen) und Hessen jeweils drei Gekorene.

Ausgenommen sind Erzbischof Adolf von Mainz, der Stuhl in Rom (Rome), das Heilige Römische (romische) Reich, der römische (romische(n)) König Wenzel (Wentzelauwe(n)), König zu Böhmen (Beheym), das Königreich Böhmen, die Mark Brandenburg (Brandenb(ur)g) und Lausitz (Lusetze) sowie Herrlichkeit, Privilegien, Freiheit, Gewohnheit und Herkommen, Recht und Gnade des Erzbischofs und des Stiftes Mainz. Auch diejenigen, denen Erzbischof und Erzstift bereits anderweitig verbunden sind, bleiben ausgenommen. Der Erzbischof nimmt Herzog Otto (Otte) von Braunschweig (Brunswig) aus. Über die Ausgenommenen hat das Ratsgremium keine Macht.

Alle in der Einung Erwähnten kündigen ihr Siegel an,
- Datum feria secunda post dominicam Letare anno [13]85.

Fußnotenapparat:

[a] Der Eintrag ist Seite für Seite mit zwei gekreuzten Linien durchgestrichen.
[b] Im Regest aus Darmstadt werden genannt: Erzbischof Adolf I. von Mainz, Herzog Otto von Braunschweig, Graf Heinrich von Waldeck, Graf Gottfried von Ziegenhain, Edelherr Heinrich von Homburg, Edelherr Friedrich von Lissberg (Liesberg) und andere Ritter und Edelknechte aus Niedersachsen, Westfalen und Hessen.

Quellenansicht

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Zitierhinweis:

StA Wü, MIB 10 fol. 282, in: Die Regesten der Mainzer Erzbischöfe, URI: http://www.ingrossaturbuecher.de/id/source/570 (Zugriff am 19.04.2024)