Mainzer Ingrossaturbücher Band 09

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StA Wü, MIB 9 fol. 292v

Datierung: 1. April 1375

Quelle

Ohne Aussteller, Empfänger und Empfangsort

Archiv: Würzburg StaatsA

Weitere Überlieferung:

  • Regestensammlung im StAD Best. R 11 A Kurmainzer Regesten Nr. 25. - Druck: Beyer, UB Erfurt Bd. II, S. 526, Nr. 732).

Geographische Bezüge:

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Inhalt

Kopfregest:

Einige Herren und thüringische Städte verbünden sich mit Elekt Adolf von Mainz gegen die Markgrafen von Meißen.

Vollregest:

Heinrich und Ernst, Grafen und Herren zu Gleichen (Glichen), Heinrich, Graf und Herr zu Stolberg (Stalberg), Heinrich, Graf von Hohenstein (Hoinstein), Herr zu Klettenberg (Clettenberg), und die Städte Erfurt (Erfurd), Mühlhausen (Molhusen), und Nordhausen (Northusen) verbinden sich aufgrund der Einung, die sie auf Geheiß mit Erlaubnis des Kaiser Karls [IV.] gegen jeden, der sie zu Thüringen (Doringen) schädigen wolle, zum Schutze der Straßen untereinander gemacht hatten, mit Adolf, Bischof zu Speyer (Spire) und Vormund des Erzstiftes Mainz (formunder des stifts zuogt; Mencze), [a] dem Kapitel und dem Erzstift Mainz wider die Markgrafen von Meißen (Misszen), die sie durch Sperrung der Straßen, durch Übergriffe und Gewalttaten schädigen. [b] Die genannten Herren und Städte unterstützen das Domkapitel zu Mainz und das Mainzer Erzstift [c] gegen die Markgrafen von Meißen (Misszen) und ihre Helfer von dem Zeitpunkt an, ab dem es mit den Markgrafen zum Kriege kommt.[d] Sie stellen 600 Gleven guter weppener. Adolf stellt 300 Mann mit Gleven guter weppener, je 100 zu Erfurt (zugt; Erfurte), Mühlhausen (Mulhusen) und auf dem Eichsfeld (Eychsfeld), doch kann er dieselben hundert [e] der Zahl nach mehren oder mindern. Beide Vertragsparteien stellen die vereinbarten Truppen jeweils auf ihre Kosten. Kommt es zu einem Kriege (stryte), daz Got wolde, so werden Gefangene, Beute und eroberte Burgen (die sloz) geteilt entsprechend der Mannzahl der Gewappneten, die am jeweiligen Kriegszug teilgenommen haben. Wenn Fürsten gefangen werden, so sollen alle am Bündnis Beteiligten den Nutzen unter sich gleichmäßig aufteilen. Eroberte Burgen, die dem Erzstift zu eigen sind, sollen diesem zufallen, sind solche gegen Geld versetzt, so soll die Pfandsumme nach Anzahl der bei der Eroberung beteiligten Gewappneten geteilt werden. Was sonst jeder für sich gewinnt, soll ihm nach Kriegsrecht bleiben. Ohne die anderen Vertragsparteien soll keiner der beteiligten Bündnispartner mit jemandem, der am Krieg teilnimmt oder in den Krieg eintritt, Sühne oder Frieden vereinbaren, bis alle Bündnispartner sich einträchtig entschließen, mit den Widersachern zu sühnen. Das abgeschlossene Bündnis soll für die bisher untereinander eingegangenen Einungen und Bündnisse [f] unschädlich sein, desgleichen auch für den Landfrieden, den sie mit Wenzeslaus (Wenzelan), König zu Böhmen, abgeschlossen haben, [g] und alle Einungen und Landfrieden sollen in Kraft bleiben.

Sie nehmen gemeinsam aus: den Kaiser, das Reich, den König Wenzeslaus von Böhmen, Bischof Gerhard zu Würzburg (Wirczeburg), die Grafen Dietrich (Dytteriche) und Ulrich von Hohnstein (Hoinstein), die Grafen Heinrich und Gunther von Schwarzburg (Swarczburg), Herren zu Sondershausen (Sundirshusen), in solchen Sachen, die diese selbst eigentlich betreffen (selbes und eygentlichen anetreffen). [h] Die zwei Grafen von Gleichen (Glichin) nehmen für sich aus: Gerhard, Herrn zu Querfurt (Quernforde); Graf Heinrich von Stolberg (Stalberg) nimmt aus: den Grafen und Herrn zu Mansfeld (Mansvelde); Graf Heinrich von Hohnstein (Hoinstein) nimmt aus: die Grafen und Herren von Reinstein, seine Schwestersöhne, gegen diese helfen sie nur, wenn sie mit Erfurt (Erfurde), Mühlhausen (Mulhussen) oder Nordhausen (Northusen) in Krieg kommen.
- Siegelankündigung: Graf Heinrich und Graf Ernst, Herren zu Gleichen; Graf Heinrich, Herr zu Stolberg; Graf Heinrich von Hohnstein, Herr zu Klettenberg; die Städte Erfurt, Mühlhausen und Nordhausen.

- Der hir ubir gegeben ist 1375 an dem suntage, als man in der heilgin kirchen letare singet.

Quellenkommentar:

Fußnotenapparat:

[a] Die zurückhaltende Titulierung des Elekten Adolf als 'Vormund' des Erzstiftes in diesem im April 1375 durch Domdekan Beyer zu Boppard in Thüringen abgeschlossenen Vertrag unterscheidet dieses Dokument von der Gegenurkunde sowie vom mehrheitlichen Gebrauch der Mainzer Urkunden Adolfs der Jahre 1374/75, in denen Adolf in der Regel als 'erwählter Erzbischof zu Mainz' bezeichnet wird. Die diplomatische Betitelung des Elekten Adolf lediglich als 'Vormund' nimmt Rücksicht auf die thüringischen Vertragsparteien, die sich auf formaler Ebene wohl nicht zu sehr gegen Ludwig von Meißen und Kaiser Karl IV. exponieren wollten. Die Titulatur ist daher wohl auch im Zusammenhang zu sehen mit dem durch die Vertragsgestaltung insgesamt dokumentierten Bemühen, bei diesem Bündnisvertrag nach außen die formaljuristische Fiktion aufrechtzuerhalten, es gehe nicht um eine große politische Frage, den Mainzer Bistumsstreit, sondern um den Schutz Erfurts und anderer thüringischer Gebiete gegen wettinische Eingriffe, wie sie sich schon immer ereignet hätten. Eine nach außen klar erkennbare Parteinahme der Bündnispartner in der Auseinandersetzung zwischen Kaiser Karl IV. und Adolf wird auf formaler Ebene auch durch diese Titulierung vermieden. Ahrens, Die Wettiner und Kaiser Karl IV., S. 70.
[b] Die sorgfältig konstruierte Einbindung dieses Bundes von 1375 in die Tradition der früheren Landfriedensbündnisse der Region zur Sicherung der Straßenverbindungen gegen die Markgrafen von Meißen stellt eine kluge diplomatische Vorgehensweise dar, die auf formeller Ebene den Eindruck vermeidet, daß es sich um ein gegen den Kaiser gerichtetes Bündnis handeln könnte. Gleichwohl ist der auf Vermittlung des Mainzer Domdekans Heinrich Beyer von Boppard abgeschlossene Bund der thüringischen Herren und Städte mit Adolf in der Sache dezidiert gegen den von Papst Gregor XI. und von Kaiser Karl IV. präferierten und bereits eingesetzten Mainzer Erzbischof Ludwig von Meißen gerichtet und als Unterstützung für Adolf gegen seine Kontrahenten konzipiert. Das wird u. a. durch die weiteren, gleichfalls am 1. April  1375 geschlossenen Vereinbarungen deutlich, die erhebliche Mainzer Geldzahlungen für die Grafen und auch für die Stadt Erfurt vorsahen, jedoch separat beurkundet wurden (vgl. Ahrens, Die Wettiner und Kaiser Karl IV., S. 69 mit Anm. 6; Vigener, Karl IV., S. 64-67).
[c] Adolf selbst wird - wohl aus den genannten taktischen Überlegungen heraus - an dieser Stelle nicht erwähnt.
[d] Die folgenden Vereinbarungen sind weitgehend identisch mit den Bestimmungen der Mainzer Gegenurkunde. Erst mit den Passagen über den vorbehaltlosen Fortbestand der bisherigen Bündnisse und Landfrieden (dieser Hinweis fehlt in der Mainzer Gegenurkunde) sowie mit der Nennung der von der Gegnerschaft ausgenommenen Personen weichen die Texte der beiden Urkunden wieder stärker voneinander ab.
[e] In der Urkunde heißt es explizit: also daz sie dieselben hundirt mynnern odir meren mogen. Ein Vergleich mit dem insoweit klareren Wortlaut der Mainzer Gegenurkunde (und die hundirt mit gleven uff dem Eychsfelde mogen wir doch meren odir mynnern) legt nahe, daß in beiden Fällen ausschließlich die hundert auf dem Eichsfeld gemeint sind.
[f] Die auf Geheiß Kaiser Karls IV. abgeschlossene zehnjährige Einung vom 15. Februar 1371 der Städte Erfurt, Mühlhausen und Nordhausen mit den Grafen von Gleichen, Schwarzburg, Stolberg und Hohenstein zum Schutz des Landfriedens (Regesten der Mainzer Erzbischöfe, Bd. II, 2, S. 1, Nr. 2809; Druck: Beyer, Urkundenbuch der Stadt Erfurt, Bd. II, S. 476, Nr. 656). [g] Das Landfriedensbündnis vom 28. März 1372, auf Wunsch Karls IV. abgeschlossen zwischen König Wenzeslaus von Böhmen, Erzbischof Johann von Mainz, Bischof Gerhard von Naumburg, den Grafen von Gleichen, Schwarzburg, Stolberg und Hohenstein sowie den Städten Erfurt, Mühlhausen und Nordhausen, war gegen die Markgrafen von Meißen gerichtet ((Regesten der Mainzer Erzbischöfe, Bd. II, 2, S. 24, Nr. 2911). Dieser Landfriede bestand formal noch, war aber durch die politische Entwicklung (den machtpolitischen Schulterschluß zwischen Kaiser Karl IV. und den Markgrafen von Meißen) überholt. Durch die ausdrückliche Einbeziehung des kaiserlichen Landfriedensbündnisses von 1372 in den Bündnisvertrag stellen sich die Vertragspartner von 1375 formell als treue Glieder des Reiches dar und konnten den Anschein wahren, gegenüber dem Kaiser loyal zu sein. Vgl. Ahrens, Die Wettiner und Kaiser Karl IV., S. 68-73; Vigener, Karl IV., S. 65-69.
[h] Diese Passage schränkt die Bedeutung der Ausnehmungen bereits stark ein, auch mit Blick auf Kaiser Karl IV. In der Mainzer Gegenurkunde fehlt ein ähnlicher Passus.

Quellenansicht

fol. 292v
fol. 293r
fol. 293v

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Zitierhinweis:

StA Wü, MIB 9 fol. 292v, in: Die Regesten der Mainzer Erzbischöfe, URI: http://www.ingrossaturbuecher.de/id/source/1927 (Zugriff am 28.03.2024)